Einspruch

Von wegen Schlussstrich

Michael Wuliger Foto: Marco Limberg

Bald 70 Jahre – fast ein Menschenalter – ist die Schoa her. Und doch war sie selten so gegenwärtig wie derzeit. Raubkunst ist das kulturpolitische Thema Nummer eins der vergangenen (und wohl auch kommenden) Monate; Titelthema des »Spiegel« war vorige Woche Cordt Schnibbens Abrechnung mit seinen Nazieltern; die Kinos zeigen aktuell mit Lauf, Junge, lauf ein Holocaustdrama. Die vor ein paar Jahren noch (hoffnungsvoll?) beschworene »Historisierung des Holocaust« findet offenbar nicht statt. Der Schlussstrich wird nicht gezogen.

Manche werden das wieder abtun als »Instrumentalisierung unserer Schande zu gegenwärtigen Zwecken«, von der Martin Walser in seiner Paulskirchenrede 1998 sprach. Doch die Gegenwart jener »Vergangenheit, die nicht vergehen will«, um eine gelungene Formulierung von, ja, Ernst Nolte, zu zitieren, ist nicht Ergebnis finsterer Machinationen »gewisser Kreise«. Sie ist ein spontanes psychologisches Phänomen.

Einzelheiten Bei jedem Trauma ist Schock die erste Reaktion. Wenn dieser allmählich nachlässt, folgt nicht das gnädige Vergessen. Im Gegenteil: Die Konturen des Erlittenen werden in der Erinnerung schärfer, immer mehr Einzelheiten treten hervor, das Bild wird zunehmend klarer und vollständiger. Dann kann auch die Aufarbeitung beginnen, an deren Ende kein Abhaken steht, sondern die Integration des Geschehenen in die Psyche.

Im Fall der Schoa heißt das: Der Völkermord an den europäischen Juden beginnt jetzt vielleicht erst, sich in seiner vollen Dimension zu erschließen. Er bleibt nicht mehr »unbegreiflich«, wie es lange phrasenhaft hieß. Historiker wie Götz Aly haben die auch materiellen Interessen der Täter und Nutznießer herausgearbeitet.

Und auf jüdischer Seite setzt sich die dritte Generation mit der Geschichte, die die ihre ist, auseinander – weniger unmittelbar seelisch belastet als ihre Großeltern und Eltern, aber mit nicht geringerer Intensität. Dafür steht Jom Haschoa am kommenden Montag.

wuliger@juedische-allgemeine.de

Frankfurt am Main

Beck: »Wir lassen uns nicht einschüchtern«

Die Gruppe »Students 4 Palestine« demonstriert gegen eine Konferenz seines Tivah Instituts zum Thema Antisemitismusforschung

von Imanuel Marcus  02.12.2024

Nahost

Was die Einnahme von Aleppo durch Rebellen bedeutet

Innerhalb kurzer Zeit erobern Rebellen die syrische Großstadt Aleppo. Warum flammt der Konflikt jetzt mit den schwersten Kämpfen seit Jahren wieder auf?

 01.12.2024

Rom

Papst begrüßt Waffenruhe im Libanon: »Schimmer des Friedens«

Das Oberhaupt der katholischen Kirche fordert den Libanon zu Reformen auf

 01.12.2024

Nahost

Kampf um Aleppo setzt Syriens Machthaber Assad unter Druck

Der syrische Bürgerkrieg schien jahrelang wie eingefroren - jetzt flammt er wieder auf

 01.12.2024

"Frankfurter Rundschau"

Zentralratspräsident Schuster warnt vor AfD und BSW

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sieht in den Parteien Gefahren für jüdisches Leben in Deutschland

 30.11.2024

Nahost

Moskau erörtert Lage in Syrien mit Teheran und Ankara

Der Vormarsch der Rebellen in Syrien ruft Moskau auf den Plan. Israel greift derweil Hisbollah-Ziele in Syrien an

 30.11.2024

Amerika

US-Senator: Trump will Waffenruhe in Gaza vor Amtsantritt erreichen

Lindsey Graham sagt, der designierte Präsident mache Tempo bei den Bemühungen um einen Deal in Gaza

 30.11.2024

Berlin

Terrorbefürworter besprühen Bankfilialen mit Parolen

Jeweils eine Filiale der Deutschen Bank und von Santander sind betroffen

von Imanuel Marcus  29.11.2024

Genf

Deutschland und europäische Partner sprechen mit dem Iran

Es geht auch um das Atomprogramm und Angriffe auf Israel

 29.11.2024