Das Strafverfahren gegen den früheren und mittlerweile verstorbenen KZ-Wachmann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen dauerte nicht zu lang.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg erklärte in einer am Donnerstag verkündeten Entscheidung eine von Gröning zu Lebzeiten eingereichte Beschwerde für unzulässig. (AZ: 71591/17)
haftstrafe Das Landgericht Lüneburg hatte Gröning am 15. Juli 2015 zu einer vierjährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zum Mord an mindestens 300.000 ungarischen Juden im Vernichtungslager Auschwitz verurteilt. Gröning hatte zwischen September 1942 und Oktober 1944 als Buchhalter in Auschwitz-Birkenau Gelder der Inhaftierten verwaltet und zeitweise an der Bahnrampe das Gepäck der verschleppten Menschen bewacht.
Die vom Landgericht Lüneburg verhängte vierjährige Haftstrafe wurde rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Celle entschied im November 2017, dass Gröning seine Haftstrafe trotz seines Alters von 96 Jahren antreten müsse. Über ein Gnadengesuch des Verurteilten musste die zuständige niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza (CDU) nicht mehr entscheiden. Gröning starb am 9. März 2018.
Das Oberlandesgericht Celle entschied im November 2017, dass Gröning seine Haftstrafe trotz seines Alters von 96 Jahren antreten müsse.
Zuvor hatten seine Anwälte jedoch Beschwerde beim EGMR eingereicht, um eine geringere Haftstrafe zu erreichen. Das Strafverfahren habe viel zu lange gedauert. Gröning sei bereits 1978 als Beschuldigter von der Frankfurter Staatsanwaltschaft vernommen, aber nie angeklagt worden. Dass gegen ihn seit 1985 nicht mehr ermittelt wurde, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Auch das vor dem Landgericht Lüneburg eingeleitete Strafverfahren habe bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zwei Jahre und damit zu lang gedauert.
ermittlungen Der EGMR wies die Beschwerde als unzulässig zurück. Zwar sei Gröning 1985 nicht über die Einstellung der Ermittlungen gegen ihn offiziell informiert worden. Er habe jedoch von öffentlichen Äußerungen des damaligen Oberstaatsanwalts gewusst, dass er für die Staatsanwaltschaft nur noch als Zeuge von Interesse sei.
Auch das zweite Strafverfahren mit der Verurteilung vor dem Landgericht Lüneburg habe nicht zu lange gedauert. Zwischen Anklage und der endgültigen Entscheidung vor dem BGH im Jahr 2016 seien nur zwei Jahre vergangen. Angesichts der Komplexität des Verfahrens, der hohen Anzahl an Todesfällen und der historischen Bedeutung sei eine Verfahrenszeit von zwei Jahren nicht zu beanstanden. Die Beschwerde Grönings sei damit unzulässig, so der EGMR. epd