Ungarn will Berichten israelischer Medien zufolge offenbar als der erste Mitgliedstaat der Europäischen Union seine Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen. Das sagte Israels Außenminister Eli Cohen am Mittwoch bei einer Rede in Budapest.
»Ungarn unterstützt uns auf der internationalen Bühne«, erklärte Cohen in einer Chabad-Synagoge. »Eine weitere gute Nachricht ist, dass Ungarn in einigen Wochen der erste EU-Staat sein wird, der ankündigen wird, seine Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.” Das sei eine »großartige Nachricht«, so Cohen.
Die ungarische Seite wollte die Nachricht zunächst nicht bestätigen. Der ungarische Botschafter in Israel, Levente Benkö, sagte laut »Jerusalem Post«, man unterhalte seit 2019 ein Handelsbüro in Jerusalem, fügte aber hinzu: »Bisher wurde keine Entscheidung über weitere Schritte getroffen.« Auch Ungarns Außenminister Péter Szjjartó wollte die Ankündigung seines israelischen Amtskollegen weder bestätigen noch dementieren.
ANKÜNDIGUNGEN Auch weitere Länder, darunter Paraguay, hegen Pläne, die diplomatische Vertretung des Landes in die israelische Hauptstadt zu verlegen. Paraguays vor Kurzem neu gewählter Präsident Santiago Peña kündigte an, diesen Schritt bei seinem Amtsantritt Mitte August gehen zu wollen. Das südamerikanische Land hatte seine Botschaft 2018 bereits nach Jerusalem verlegt, den Schritt wenige Monate später aber wieder rückgängig gemacht. Daraufhin hatte Israel seinerseits seine Vertretung in Paraguays Hauptstadt Asunción geschlossen.
Aktuell haben vier Staaten ihre Botschaften in Jerusalem: die Vereinigten Staaten, Guatemala, Honduras und der Kosovo. Weitere zehn Länder haben diplomatische Büros im Westteil der Stadt, der seit 1948 zu Israel gehört. Da der rechtliche Status Jerusalems international umstritten ist und Israel die ganze Stadt einschließlich der 1967 eroberten östlichen Stadtteile als ungeteilte Hauptstadt ansieht, zögern die meisten Länder bislang, ihre Botschaften von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen.
In Europa gibt es aber seit Längerem Bestrebungen, Israels Anspruch auf Jerusalem als Hauptstadt zu respektieren und Botschaften dort zu eröffnen. Auch Tschechien hatte in der Vergangenheit einen solchen Schritt erwogen. Allerdings ist die EU bestrebt, im Hinblick auf den Nahostkonflikt eine einheitliche Linie zu verfolgen.
Sollte Ungarn tatsächlich als einziges europäisches Land im Alleingang den Schritt gehen, könnte dies zu neuerlichen Verstimmungen in Brüssel führen. Die EU verfolgt bislang die Linie, dass eine Verlegung von Botschaften nach Jerusalem erst im Zuge eines Friedensvertrages zwischen Israelis und Palästinensern und einer Klärung des Status von Jerusalem erfolgen kann. mth