Mit Beginn des Frühdienstes sind am Montag die Beschäftigten des nicht ärztlichen Dienstes des Jüdischen Krankenhauses Berlin (JKB) für einen »Tarifvertrag Entlastung« in den unbefristeten Streik getreten. Vier der zwölf Stationen seien nun geschlossen, teilt die Gewerkschaft ver.di mit.
Ein Notdienst zur Notfallversorgung werde durch die Streikleitung gewährleistet. Die Patientenversorgung sei derzeit nur eingeschränkt möglich, heißt es auch auf der Homepage des JKB. »Wir bedauern sehr, dass es deshalb zu längeren Wartezeiten und weniger stationären Kapazitäten kommen kann.«
Die Beschäftigten fordern einen Entlastungstarifvertrag. Die Klinikspitze ist grundsätzlich dazu bereit, aber der Gewerkschaft gehen die Verhandlungen nicht schnell genug. Nachdem der Vorstand des JKB bereits im Sommer 2023 zu Verhandlungen aufgefordert wurde und ein 50-tägiges Ultimatum verstrichen war, kam es Ende des Jahres zu ersten Verhandlungen und Warnstreiks.
Mögliche Grundlagen
In den letzten Verhandlungen Ende Dezember hätten sich die Tarifpartner aufeinander zubewegt. Die Beschäftigten legten ihre Forderungen für einen Tarifvertrag bereits im November vor und erhielten bis heute kein konkretes Gegenangebot. Anstatt die Verhandlungen zügig fortzusetzen, wurden die inhaltlichen Auseinandersetzungen erst für Ende Januar in Aussicht gestellt, heißt es bei der Gewerkschaft.
Der Vorstand des JKB sagt hingegen, dass in dieser Verhandlungsrunde erstmals ein gemeinsames Verständnis über aus Arbeitgebersicht bestehende notwendige Rahmenbedingungen und mögliche Grundlagen eines Tarifvertrages herbeigeführt werden konnte. »In einzelnen Positionen wurde eine Annäherung ersichtlich«, so das JKB.
Daher trifft die kurz nach der Verhandlung veröffentlichte Ankündigung des unbefristeten Streiks der Gewerkschaft auf großes Unverständnis. Zudem beeinträchtige dieser Streik die Patientenversorgung zu einem Zeitpunkt sehr hoher Inanspruchnahme der ambulanten und stationären Kapazitäten in Berlin.
Übermäßig belastet
Ver.di Verhandlungsführer Ben Brusniak bezeichnet dieses »Zeitspiel« des JKB-Vorstands als völlig unverständlich. »Während die Belastungssituationen für die Beschäftigten immer schlimmer wird, werden die Verhandlungen weiter verschleppt und verzögert. Wir sind jederzeit bereit wieder in Verhandlungen einzusteigen.« Sollte das JKB aber weiter auf Zeit spielen, würden weitere Beschäftigte in den Streik treten und zusätzliche Stationen geschlossen werden müssen, kündigte er an.
Das Pflege- und Gesundheitspersonal fordert einen Vertrag, der beispielsweise eine Freischicht vorsieht, wenn die Beschäftigten in mehreren Diensten übermäßig belastet waren. Das JKB fordert ver.di auf, zu dem gemeinsam verabredeten Vorgehen zurückzukehren. Belastbare Verhandlungsergebnisse seien nur am Verhandlungstisch zu erzielen. Weitere Verhandlungstermine seien bereits für Januar und Februar vereinbart, so das JKB.
Birgit Meyenburg, Pflegekraft und Mitglied der Tarifkommission sagt: »Wir wollen Patientinnen und Patienten versorgen und nicht streiken, aber wenn es notwendig ist, sind wir auch bereit, eine lange Auseinandersetzung zu führen. Die Streikbereitschaft nimmt weiter zu.«
Schwer umsetzbar
Alexandra Schüler, ebenfalls Mitglied der Tarifkommission, arbeitet seit elf Jahren als Medizinische Fachangestellte (MFA) in der Kardiologie. Seitdem sei die Abteilung immer größer geworden, die Aufgaben immer umfangreicher. Aber das Personal sei kaum bis gar nicht aufgestockt worden. Der Druck sei enorm und selbst Urlaubsplanungen schwer umsetzbar.
»Wir können unsere Arbeit nicht mehr in der Qualität so stemmen, wie wir es möchten«, so Schüler. Bei der letzten Verhandlung mit dem JKB sei auch deutlich geworden, dass das geplante Entlastungspaket nur für die Mitarbeiter gelte, die Pflege am Bett leisten. »Die Therapeuten wie Krankengymnasten oder Logopäden, die Servicemitarbeiter, MFA’s und die MTA’s werden nicht davon profitieren.« Da so viele ausgeschlossen werden, sehe sie keine andere Möglichkeit, als zu streiken.
Die Beschäftigten des JKB fordern tariflich festgelegte Personalbesetzungen für alle Stationen und Bereiche sowie einen Belastungsausgleich, falls diese Personalbesetzungen nicht eingehalten werden. Entsprechende Tarifverträge gebe es bereits bei Vivantes und der Charité.