Berlin

Thorsten Frei: An Verbundenheit zu Israel darf kein Zweifel bestehen

Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) Foto: picture alliance / HMB Media

Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) hat angesichts der Debatte über das Vorgehen Israels im Gazastreifen davor gewarnt, das deutsche Verhältnis zu Israel infrage zu stellen. »An der Verbundenheit zu Israel darf kein Zweifel bestehen«, sagte Frei der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.« (Samstag) »Das besondere Verhältnis zu Israel steht über allen anderen Erwägungen.«

Es sei »legitim«, Zweifel an der israelischen Strategie anzumelden, fügte er hinzu. »Die Bevölkerung im Gazastreifen wird in einer Art und Weise in Mitleidenschaft gezogen, dass man Zweifel haben kann, ob die Regeln des Völkerrechts noch eingehalten werden«, sagte der CDU-Politiker. Diese »Gesamtsituation« müsse man »auch unter Freunden offen ansprechen können«. Es müsse klar sein, »dass in einem Rechtsstaat ebenso wie im Völkerrecht immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit« gelte.

Waffenlieferungen an Israel

Frei sieht Forderungen, alle Waffenlieferungen an Israel einzustellen, wie es andere Länder in Europa derzeit diskutieren, »äußerst skeptisch«. »Wir stehen zu unserer besonderen Verantwortung für Israel. Israel steht in einem permanenten Existenzkampf gegen seine Nachbarn und hat ein legitimes Interesse, sich verteidigen zu können. Deswegen sind Lieferungen von Rüstungsgütern aus Deutschland grundsätzlich richtig«, sagte der Kanzleramtsminister.

Auf die Frage, ob der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, gegen den der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl erlassen hat, in Deutschland willkommen wäre, antwortete Frei, ein Besuch Netanjahus stehe »im Augenblick« ebenso wenig an wie ein Besuch des Kanzlers in Israel. Grundsätzlich gelte weiter: »Deutschland respektiert die Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs und seine Verfahrensabläufe wie auch die aller anderen internationalen Gerichte.«

Lesen Sie auch

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte am vergangenen Montag beim WDR-Europaforum in Berlin gesagt: »Das, was die israelische Armee im Gazastreifen macht, ich verstehe - offen gestanden - nicht mehr, mit welchem Ziel.« Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, lasse sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen.

Schuster kritisiert Außenminister

Unterdessen kritisierte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Außenminister Johann Wadephul (CDU), der hinsichtlich der deutschen Israel-Politik von einer »Zwangssolidarität« mit Israel gewarnt hatte. Schuster sagte der »Welt«, das sei ein Begriff, den er »milde gesagt sehr problematisch und unglücklich finde, denn das erinnert mich an das linksextreme Schlagwort der ›German guilt‹ «.

»Bei aller Kritik an der israelischen Kriegsführung in der aktuellen Situation darf die Regierungsrhetorik niemals dazu führen, dass israelbezogener Antisemitismus normalisiert wird und sich die Israelhasser in Deutschland die Hände reiben«, so Schuster.

Zu den Äußerungen von Merz sagte Schuster, es gebe derzeit eine Verschiebung in der Rhetorik, die bei den Jüdinnen und Juden in Deutschland große Unsicherheit hervorrufe. »Wir müssen immer bedenken, was den Krieg in Gaza ausgelöst hat, dass solange es die Hamas gibt, die Existenz Israels bedroht ist und dass es immer noch, seit 600 Tagen, Geiseln in Gaza gibt.« Dass das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza - auch vom Bundeskanzler - thematisiert werde, halte er aber für angemessen. kna/ja

Jerusalem

Israel stuft diplomatische Beziehungen mit Brasilien herunter

Die Auseinandersetzung beider Länder über den Gazakrieg war bereits im vergangenen Jahr eskaliert. Der brasilianische Präsident hatte Israels Militäreinsatz in Gaza mit dem Holocaust verglichen

 26.08.2025

Antisemitismus

Europäische Unis sind Hotspots des Judenhasses

Ein neuer Bericht zeichnet ein dramatisches Bild der Lage an europäischen Hochschulen: Jüdische Studierende seien mit einem »Klima der Angst und Ausgrenzung« konfrontiert

von Michael Thaidigsmann  26.08.2025

Canberra

Australien weist iranischen Botschafter nach Angriffen aus

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg weist Australien einen Botschafter aus: Der Iran soll antisemitische Attacken auf jüdische Einrichtungen im Land gesteuert haben

 26.08.2025

Washington

Donald Trump: Der Krieg in Gaza endet in zwei bis drei Wochen

Der US-Präsident spricht von einer ernsthaften »diplomatischen Initiative«, die derzeit laufe, um den fast zwei Jahre andauernden Konflikt zu beenden

 26.08.2025

Kundgebung

Botschaft warnt vor israelfeindlicher Großdemo in Frankfurt

Stadt, Polizei und Justiz müssten entschieden einschreiten, damit es »nicht erneut eine Judenjagd auf den Straßen Frankfurts« gibt

von Imanuel Marcus  26.08.2025

Brüssel

Kampagne gegen die Beauftragte

Linke Europaabgeordnete fordern die Entlassung der Antisemitismusbeauftragten der EU-Kommission. Aus den jüdischen Gemeinden kommt nun massiver Gegenwind

von Michael Thaidigsmann  25.08.2025

Oberammergau

»Judenfreund«: Regisseur Stückl beklagt Anfeindungen

Christian Stückl leitet die berühmten Passionsspiele in Oberbayern. Lange wurde er dafür gewürdigt, das Werk von judenfeindlichen Passagen befreit zu haben. Nun dreht sich der Wind

 25.08.2025

Osnabrück

Schriftsteller Leon de Winter irritiert über Ausladung von Festival

Die örtliche jüdische Gemeinde hatte seinen geplanten Auftritt kurzfristig gestrichen – Begründung: Der Autor habe in seiner Kolumne die AfD »verharmlost«

 26.08.2025 Aktualisiert

New York

Jüdische Krankenschwester verklagt Krankenhaus wegen Diskriminierung

Die Pflegerin wirft der Klinik vor, sie nach pro-israelischen Beiträgen in sozialen Medien schikaniert und finanziell bestraft zu haben

 25.08.2025