Meinung

Sukkot: Flucht, Obdach und Hilfe

Rabbiner Julian Chaim Soussan Foto: Marco Limberg

Meinung

Sukkot: Flucht, Obdach und Hilfe

Wie wir im Alltag die Bedeutung der Nächstenliebe und die Zeichen des Laubhüttenfestes erkennen können

von Rabbiner Julian Chaim Soussan  25.09.2017 19:52 Uhr

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Bereits Rabbi Akiva wird im Talmud mit der Aussage zitiert, dass dies der wichtigste Grundsatz der Tora ist. Die Schwierigkeit dabei ist, dass man sich in die Situation des Nächsten hineinversetzen muss, um herauszufinden, was wirklich hilft.

Sukkot steht vor der Tür. Jüngst mussten in Frankfurt am Main 60.000 Menschen ihre Wohnungen verlassen, weil eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurde. In Puerto Rico wurden die Rosch-Haschana-Gottesdienste abgesagt, weil der Hurrikan »Maria« über die Insel raste.

empathie Solches aus sehr unterschiedlichen Gründen hervorgerufene Fehlen eines Obdachs führt uns zum Thema »Nächstenliebe« und »Flüchtlinge«. Auch wenn in Deutschland viele Menschen Flüchtlingen mit Empathie begegnet sind, so ist es dennoch schwer, wirklich nachzuempfinden, was es bedeutet, sein ganzes bisheriges Leben zurücklassen und sich auf die Hilfsbereitschaft von Fremden verlassen zu müssen.

In Frankfurt erlebten wir eine Art Mikrokosmos von Flüchtlingen. Viele, die außerhalb der Evakuierungszone wohnen, haben Freunde und Bekannte untergebracht, auch Vereine und Religionsgemeinschaften stellten ihre Räumlichkeiten Tagesflüchtlingen zur Verfügung.

flüchtlinge Es ist diese Art von Empathie, die wir uns in Erinnerung rufen sollten, wenn wir an Flüchtlinge aus Kriegsgebieten denken. Denn die können nicht schon nach einem Tag in ihre intakten Häuser und ihr unbeschadetes Leben zurückkehren. Die Laubhütten zu Sukkot erinnern uns daran, wie prekär vermeintliche Sicherheit sein kann.

Das Judentum versteht den Satz »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« nicht als emotionalen Auftrag, sondern fordert als alleinige Umsetzung des Gebotes ein aktives Handeln am Nächsten. In Frankfurt und anderswo war dieses beispielhafte Verhalten zu beobachten. Es sollte Schule machen, auf alle Flüchtlinge bezogen.

Der Autor ist Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main.

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025