Studie

Starke Wirtschaft schützt vor Rechtsextremismus

Rechtsextreme Einstellungen finden sich unter den Wählern aller Parteien wieder. Foto: dpa

Rechtsextreme Einstellungen sind in Deutschland einer Studie zufolge auf dem Rückzug. Allerdings wächst zugleich die ablehnende Haltung gegenüber einzelnen Gesellschaftsgruppen wie Muslimen, Asylsuchenden und Angehörigen der Roma, wie aus einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Analyse der Universität Leipzig mit dem Titel »Die stabilisierte Mitte« hervorgeht.

Befragt wurden dafür im Frühjahr bundesweit knapp 2500 Menschen im Alter zwischen 14 und 90 Jahren. Die sozialpsychologische Untersuchung wird seit 2002 im Zwei-Jahres-Rhythmus erstellt.

Wie aus den Voruntersuchungen zu rechtsextremen Einstellungen hervorging, ist Ausländerfeindlichkeit weiterhin stark verbreitet. Allerdings sank sie in den vergangenen zwölf Jahren von 26,9 auf 18,1 Prozent. Außerdem seien fünf Prozent der Deutschen antisemitisch eingestellt, sagte der Sozialpsychologe Oliver Decker.

Engagement Grünen-Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter forderte den Bund auf, mehr Mittel für Demokratieförderung und den Kampf gegen Rechtsextremismus zur Verfügung zu stellen. Der Etat sollte auf mindestens 50 Millionen Euro jährlich verdoppelt werden. Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, sagte, es zeige sich schon seit einiger Zeit, dass allgemeine Appelle an Toleranz und Weltoffenheit nicht mehr greifen. Nötig sei unter anderem ein stärkeres Engagement gegen Rassismus und zum Schutz von Flüchtlingen.

In der Leipziger Langzeitstudie werden die Einstellungen zur Staatsform der Diktatur, zu Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, Chauvinismus und zur Verharmlosung des Nationalsozialismus abgefragt. Der Anteil derjenigen, die ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben, ging demnach von 9,7 Prozent im Jahr 2002 auf 5,6 Prozent im Jahr 2014 zurück. Dabei liegen die Werte in Ostdeutschland jeweils etwas über denen in Westdeutschland.

Die Studie stellt auch einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Stärke und dem Rückgang rechtsextremer Auffassungen her. Infolge der guten wirtschaftlichen Gesamtentwicklung mit Wirtschaftswachstum und Exportsteigerung werde die Demokratie als Staatsform in Deutschland »akzeptiert«, sagte Decker.

wähler Zugleich stellte die Leipziger Arbeitsgruppe fest, dass sich rechtsextreme Einstellungen unter den Wählern aller Parteien wiederfinden. So lag der Anteil der befragten Parteiwähler mit ausländerfeindlichen Einstellungen bei CDU/CSU bei 17,1 Prozent, bei der SPD bei 17,9 Prozent und bei der Linken bei 16,9 Prozent. Bei den anderen im Bundestag vertretenen Parteien lagen die Werte im einstelligen Bereich.

Angesichts einer abnehmenden Ausländerfeindlichkeit kommt für die Forscher offenbar überraschend, dass bestimmte Migrantengruppen besonders diskriminiert werden. Decker sieht hier in der Einwanderungsdebatte eine »Differenzierung nach Nützlichkeitsaspekten« und eine »Empfänglichkeit für die Ideologie der Ungleichwertigkeit«. So stimmt aktuell mehr als ein Drittel der Befragten (36,6 Prozent) der Aussage zu, dass Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden sollte. 2009 war erst jeder Fünfte (21,4 Prozent) dieser Ansicht.

Sprunghaft gestiegen ist die Zahl derjenigen, die »eher« oder »voll und ganz« der Ansicht sind, »Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden«. Während 2011 noch 27,7 Prozent diese Meinung vertraten, waren es in diesem Frühjahr 47,1 Prozent. Zudem sprechen sich mehr Menschen für eine restriktive Asylpolitik aus. So stimmen aktuell drei Viertel (76 Prozent) der Befragten gegen eine großzügige Prüfung von Asylanträgen, 2011 lag dieser Anteil bei erst einem Viertel der Befragten (25,8 Prozent). epd

Die Studie zum Nachlesen: www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/mitte_leipzig_internet.pdf

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Berufungsverhandlung gegen X wegen antisemitischer Inhalte

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, unterstütze den Prozess

 09.07.2025

Langenau

»Die Aktivisten wollen den Pfarrer und seine Familie zermürben«

Württembergs Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl fordert konkrete Schritte gegen »propalästinensische« Störer vor der Martinskirche. Die Stadt habe »versucht, es auszusitzen«

 09.07.2025

Berlin

Lahav Shapira verklagt FU: Prozess beginnt Dienstag

Der attackierte Student wirft seiner Universität vor, zu wenig gegen Antisemitismus auf dem Campus getan zu haben

 09.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Interview

»Schau ma mal, dann seng ma scho«

Josef Schuster über 75 Jahre Zentralrat der Juden in Deutschland, Herausforderungen für die Gemeinden und die Frage, ob er für eine weitere Amtszeit kandidieren will

von Leticia Witte  09.07.2025

Berlin

Merz: Israels Angriffe auf Iran sind völkerrechtskonform

Sind die israelischen Angriffe auf den Iran vom Völkerrecht gedeckt? Der Kanzler nimmt dazu nun eine eindeutige Haltung ein

 09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025

Skandal-Band

Felix Klein fordert, Konzerte von »Bob Vylan« abzusagen

Das britische Punk-Duo hatte bei einem Auftritt israelischen Soldaten den Tod gewünscht

von Hannah Schmitz  09.07.2025