Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten in Hamburg hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Das Hamburger Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft werten den Angriff als versuchten Mord mit antisemitischem Hintergrund, teilten die Ermittlungsbehörden am Montag mit.
In der Hosentasche des 29-jährigen mutmaßlichen Täters sei ein Zettel mit einem handschriftlich gemalten Hakenkreuz gefunden worden. Vertreter aus Politik, jüdischen Gemeinden und Kirchen reagierten mit Trauer und Bestürzung auf den Anschlag vor der Synagoge Hohe Weide im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel.
klappspaten Der 26-jährige Student war am Sonntag während des Laubhüttenfests vor der Synagoge mit einem Klappspaten angegriffen und schwer verletzt worden. Er konnte sich vor dem Angreifer in Sicherheit bringen und wurde später in ein Krankenhaus gebracht. Nach Presseberichten erlitt er einen Schädelbruch. Akute Lebensgefahr bestehe jedoch nicht.
Die Polizei konnte den mutmaßlichen Täter noch am Sonntagabend fassen.
Die Polizei konnte den mutmaßlichen Täter noch am Sonntagabend fassen. Der psychisch verwirrte Mann sei bislang polizeilich nicht in Erscheinung getreten, hieß es. Die Polizei geht von einem Einzeltäter aus. Bei dem mutmaßlichen Täter soll es sich um einen Deutschen mit kasachischen Wurzeln handeln.
Den Angaben zufolge wurden bei ihm Personalpapiere mit einer Anschrift in Berlin gefunden. Die Überprüfung habe jedoch ergeben, dass er dort seit 2019 nicht mehr wohnt. Ermittelt wurde eine Wohnung in Hamburg-Langenhorn, in der er sich unangemeldet aufhielt. Sie wurde noch in der Nacht durchsucht. Dabei wurden Datenträger sichergestellt, deren Auswertung andauert.
bundesregierung Die Bundesregierung verurteilte den Angriff. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin: »Es ist beschämend, dass ein Bürger jüdischen Glaubens auf offener Straße in Deutschland attackiert wird.« Es sei ein Angriff auf einen jungen Juden ganz offenbar nur, weil er als Jude in der Nähe der Synagoge zu erkennen gewesen sei: »Das ist widerwärtig.« Er fügte hinzu: »In Deutschland ist jede einzelne solche Tat eine Schande.«
Der Zentralrat der Juden forderte verbesserte Sicherheitsmaßnahmen vor jüdischen Einrichtungen.
Der Zentralrat der Juden forderte verbesserte Sicherheitsmaßnahmen vor jüdischen Einrichtungen. Zentralratspräsident Josef Schuster schlug zudem vor, dass Hamburg einen Antisemitismusbeauftragten benennen solle. »Wir erwarten von der gesamten Gesellschaft, dem Hass gegen Juden entschieden entgegenzutreten.« Jüdisches Leben müsse in Deutschland uneingeschränkt möglich sein.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, erklärte, dass der Täter so schnell gefasst worden sei, sei zwar gut. Aber die Tat zeige einmal mehr, wie notwendig die Maßnahmen zum Schutz jüdischer Einrichtungen sind, sagte er dem »RedaktionsNetzwerk Deutschland« (Montag).
hetze Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) appellierte an die Gesellschaft, wachsam zu sein. »Wir müssen uns der Hetze noch entschiedener entgegenstellen und stärker für die Betroffenen von Hass und Gewalt da sein«, sagte sie in Berlin.
Hamburg stehe fest an der Seite der jüdischen Mitbürger, twitterte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Montag. Die evangelische Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, twitterte: »Wir müssen immer wieder zusammenstehen gegen Antisemitismus – damit Jüdinnen und Juden in Sicherheit leben können.« epd