US Wahl

»Some Jews Choose Trump«

An Beleidigungen hatte es Donald Trump in seinem Wahlkampf nicht mangeln lassen: mexikanische Einwanderer, Muslime, Behinderte, Frauen ... Gerade weil der Milliardär, der nun Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird, gegen so viele hetzte, konnte er andere um sich sammeln. Das waren oft Unterstützer, die einen das Fürchten lehrten, etwa die frühere Ku-Klux-Klan-Größe David Duke.

Hassreden gegen Juden jedoch waren bei Donald Trump nicht zu finden. Allenfalls wurde dem Mann, der nun bald Präsident sein wird, vorgeworfen, sich nicht schnell und eindeutig von antisemitischen Anhängern distanziert zu haben.

demokraten Dennoch hat Trump mit seiner Kampagne nicht viele amerikanische Juden erreicht, soweit es sich so kurz nach der Wahl überhaupt sagen lässt. 70 Prozent der jüdischen Wähler stehen den Demokraten nahe, hat 2013 eine umfangreiche Umfrage des Pew Research Center ermittelt. Zwar stellen Juden nur etwa zwei Prozent der amerikanischen Bevölkerung, aber: Sie sind sehr politisiert. Mehr als 90 Prozent der amerikanischen Juden sind als Wähler registriert, und was diese Gruppe für Wahlstrategen auch diesmal interessant gemacht hat, ist dies: Gerade in hart umkämpften Staaten wie Florida gibt es große jüdische Gemeinden. Doch Florida ging bei dieser Wahl an Trump.

Dennoch gilt wohl: Würde man nur das jüdische Stimmverhalten betrachten, wäre die Ergebnis deutlich anders ausgefallen. Nach einer Umfrage des American Jewish Committee vom September hätte Hillary Clinton mit 61 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen, Donald Trump hätte gar nur 19 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt.

»Es gibt so viele Dinge bei Trump, die bei einer Mehrheit der amerikanischen Juden einfach nicht gut ankommen«, erklärt Ira Sheskin, Meinungsforscher am »Sue and Leonard Miller Center for Contemporary Judaic Studies« der Universität von Miami. Sheskin glaubt, dass die im Wahlkampf offen zutage getretenen Wissenslücken von Trump bei vielen auf Ablehnung stießen. Denn sie offenbaren eine große Respektlosigkeit gegenüber intellektuellen und geistigen Themen, während amerikanische Juden oft über eine höhere Bildung verfügen. Wenn da ein Trump während seiner Präsidentschaftskampagne erklärt, der Glaube an den Klimawandel sei eine chinesische Verschwörung, so stieß das bei jüdischen Wählern unangenehm auf. Die, so Sheskin, wüssten nämlich, dass solche Theorien Anklang in Kreisen finden, die auch Ressentiments gegenüber Juden hegen.

Mit dem Antisemitismus unter Trump-Anhängern hat sich Marilyn Mayo beschäftigt. Die Extremismusexpertin der Anti-Defamation League (ADL) konnte während des Wahlkampfs beobachten, dass besonders eine Gruppe anwuchs, die unter dem Namen »alt right« firmiert. Das ist ein lockeres Netzwerk von Menschen und Gruppen, die an eine überlegene weiße Identität glauben und explizit rassistisch agieren. Diese Gruppe gehörte zu den besonders aktiven Unterstützern der Trump-Kampagne. »Die ›alt right‹ hat die Verbreitung typischer antisemitischer Stereo- type befördert«, sagt Mayo. »Etwa die Vorstellung, dass Juden in diesem Land alles kontrollieren: die Regierung, die Medien, die Banken.«

Ob sich die aufgeheizte Stimmung nun, nach der Wahl, wieder beruhigt, weiß Greg Rosenbaum nicht. Er ist skeptisch. Der Vorsitzende des National Jewish Democratic Council hatte vor der Wahl die Befürchtung geäußert, dass im Falle eines Trump-Sieges jüdische Amerikaner und Einrichtungen wie Synagogen oder Gemeindezentren gefährdet seien. Denn, so Rosenbaum, »die Täter müssten keine Angst vor einer Verurteilung durch die Politik haben«.

Vertrauen hatte Rosenberg nur in die jüdischen Wähler. »Die amerikanischen Juden wissen, dass der Aufstieg solcher Autokraten in der Geschichte nie gut für das jüdische Volk ausgegangen ist.«

unterstützer Doch natürlich gab es auch jüdische Wähler, die Trump unterstützt haben. Zu dieser Gruppe gehören Orthodoxe, die traditionell eher zu den Republikanern tendieren. Und es gab auch eine jüdische Bewegung namens »Jews Choose Trump«, die von der Finanzberaterin Carol Greenwald gegründet worden war. Was für die jüdischen Wähler der Demokraten galt, stimmte auch für die jüdischen Trump-Unterstützer: Sie waren eine vielleicht kleine, aber in jedem Fall sehr aktive Gruppe. »Trump ist jemand, der sein ganzes Leben mit der jüdischen Gemeinde verbunden war«, hatte Greenwald in einem Interview mit der Onlineplattform JNS.org erklärt. »Er hat jüdische Verwandte, nicht zuletzt seine Tochter Ivanka und seinen Schwiegersohn Jared Kushner, beide observante Juden.«

Für Greenwalds Wahlentscheidung waren jedoch die Pro-Trump-Argumente weniger wichtig als die, die gegen Hillary Clinton sprachen – beispielsweise der Atomdeal mit dem Iran, den Clinton unterstützt hat.

Die deutlichste jüdische Unterstützung für Donald Trump war erst eine Woche vor der Wahl zu vernehmen: Drei große jüdische Zeitungen, konservativ, aber alle im demokratischen New York beheimatet, hatten erklärt, Trump sei für sie »die bessere Wahl«. Die »New York Jewish Voice«, die »New York Jewish Press« und die »Long Island Jewish World« hatten sich kurz vor dem Wahltag für Trump und gegen Clinton positioniert. Trump, so war da zu lesen, könne dafür sorgen, dass der gesunde Menschenverstand gehört werde, wenn es um Themen wie Gesundheitssystem, Wirtschaftspolitik oder die Beziehungen zwischen den USA und Israel gehe.

Doch trotz solcher Befürworter war es Donald Trump im Verlauf der gesamten Wahlkampagne nicht gelungen, alle potenziellen jüdischen Unterstützer hinter sich zu versammeln. Die monatlich erscheinende Zeitschrift »Commentary«, eine einflussreiche Publikation des amerikanisch-jüdischen Konservativismus, hatte sich etwa geweigert, Trump zu unterstützen. Ähnliches galt auch für Dan Senor, der 2012 noch Mitt Romney beraten hatte, als der gegen Barack Obama verlor.

Kampagne Auch die Republican Jewish Coalition (RJC), eine Vereinigung jüdischer Gruppen innerhalb der Republikanischen Partei, hielt sich auffallend zurück. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur JTA vor der Wahl hatte gezeigt, dass mehr als 80 Prozent der RJC-Mitglieder nicht für die Trump-Kampagne gespendet hatten. So etwas hatte es noch nie gegeben; bei den vergangenen Wahlen, als Romney oder John McCain für die Republikaner antraten, hatte es immer Geld vom RJC gegeben.

Ein Beispiel für einen jüdischen Wähler, der bei den Republikanern eingetragen ist, aber dennoch Hillary Clinton gewählt hat, ist Liran Kapoano. Der überzeugte Israel-Unterstützer hatte sogar die Website GOPWithHer.com ins Leben gerufen, die Republikaner dazu aufrief, für Clinton zu stimmen. »Mit Trump als ›Anführer‹ sind wir nicht mehr die Partei von Abraham Lincoln«, steht auf der Website, »dann sind wir nichts.« Mit diesem Aufruf zog Kapoano Hass auf sich, wie er auch viele jüdische Journalisten und Blogger traf. »Als wir GOPWithHer ins Leben gerufen haben«, berichtet Kapoano, »wurden wir gleich als Juden oder Zionisten beschimpft.«

Über Pro-Israel-Aktivisten, die Donald Trump gewählt haben, ist einer wie Liran Kapoano schlicht enttäuscht. Er hat Clinton gewählt, ist aber verärgert, dass er nur die Wahl zwischen diesen beiden hatte. Für ihn war Donald Trump, der ja in seinen Wahlkampf gesagt hatte, er wolle seine demokratische Konkurrentin im Gefängnis sehen, das größere Übel. »Selbst wenn die Polizei sie verhaftet hätte«, sagt Clinton-Wähler Kapoano, »würde ich sie noch gegen Trump unterstützen.«

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