Mexiko

Señora Präsidentin!

Die Jüdin Claudia Sheinbaum hat gute Chancen auf das Präsidentenamt. Foto: picture alliance / Photoshot

Claudia Sheinbaum lächelt leicht gerührt in ihrem kirschroten Kleid, während ihre linken Parteifreunde in Mexiko-Stadt jubeln: Presidenta, presidenta! Die gekürte Präsidentschaftskandidatin des Regierungsbündnisses reckt die geballte Faust in die Höhe und verkündet: »2024 werden wir gewinnen«. Dann werde Mexiko erstmals eine Präsidentin haben.

Das sieht auch die Gegenseite so: »Es ist Zeit für coole Frauen«, sagt Xóchitl Gálvez. Die 60 Jahre alte parteilose Senatorin tritt bei der Präsidentschaftswahl in acht Monaten für die Oppositionskoalition Frente Amplio por México an, die aus drei ehemals verfeindeten Parteien von Mitte-rechts bis Mitte-links besteht.

Interne Entscheidungen Die jüdische Physikerin Sheinbaum (61), ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, und Gálvez, eine Computeringenieurin mit indigenen Vorfahren, die gerne im traditionellen Huipil-Kleid auftritt, werden voraussichtlich am 2. Juni 2024 als Spitzenkandidatinnen gegeneinander antreten. Noch handelt es sich nur um interne Entscheidungen der Koalitionen, die offizielle Registrierung ist erst im Februar möglich.

Aber die sich immer deutlicher abzeichnende Möglichkeit, dass Mexiko eine Präsidentin bekommt, sei in der Tat ein bedeutender Schritt nach vorne und auf eine Reihe struktureller Veränderungen der vergangenen Jahrzehnten zurückzuführen, sagt die Expertin für Genderfragen, Jeraldine del Cid, von der Lateinamerikanischen Fakultät für Sozialwissenschaften (Flacso) in Mexiko-Stadt.

»Heute können wir das als eine Errungenschaft bezeichnen, auch wenn es nicht unbedingt bedeutet, dass wir die tatsächliche Gleichberechtigung der Frauen erreicht haben«, sagt Del Cid der Deutschen Presse-Agentur. Zwar gab es in der Vergangenheit schon andere Präsidentschaftskandidatinnen. Doch nun haben sich alle großen Parteien in einem der beiden Bündnisse zusammengeschlossen, die entweder Sheinbaum oder Gálvez unterstützen.

Politische Zukunft Weitere Kandidaten wollen als Parteilose oder für kleinere Parteien antreten. Einer von ihnen ist Ex-Außenminister Marcelo Ebrard, einer der fünf Männer, die Sheinbaum im Nominierungsverfahren des Regierungsbündnisses um die Partei Morena unterlagen. Ebrard prangerte daraufhin Unregelmäßigkeiten zugunsten Sheinbaums an. Seine politische Zukunft ist offen.

Bei einem Wahlsieg wäre die Favoritin Sheinbaum, eine enge Vertraute des amtierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador, auch die erste Person jüdischer Herkunft an der Spitze des katholisch geprägten und mit 126 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten spanischsprachigen Landes.

Immer mehr Frauen rücken in Mexiko in Schlüsselpositionen vor. Der Oberste Gerichtshof und das Oberste Wahlgericht werden jeweils von Präsidentinnen geleitet, die Zentralbank Banco de México wird von einer Frau geführt und auch an der Spitze der beiden Parlamentskammern und auf wichtigen Kabinettsposten stehen Frauen.

Nicht erreicht Dennoch ist die Gleichstellung der Geschlechter im Macho-Land Mexiko, Deutschlands wichtigstem Handelspartner in Lateinamerika, noch lange nicht erreicht. Sexuelle Gewalt und geschlechtsspezifische Tötungsdelikte, Femizide genannt, nehmen in dem lateinamerikanischen Land zu. Auch verdienen Frauen im gleichen Beruf weniger als Männer.

In der Rangliste des Weltwirtschaftsforums (WEF) zur Gleichstellung von Frauen und Männern belegt Mexiko, die 14. größte Volkswirtschaft der Welt, Platz 33 von 146 Ländern. Im Bereich wirtschaftliche Teilhabe und Chancen liegt das Land bei der Gleichstellung nur auf Platz 110.

Schon jetzt sei eine Art Gegenreaktion auf die Nominierung zweier Frauen für das Präsidentenamt zu spüren, etwa durch Äußerungen, die ihre Fähigkeiten in Frage stellten, sagt die Akademikerin Del Cid weiter. Es gebe sowohl hohe Erwartungen als auch Herausforderungen.

»Wir befinden uns in einer Art Warteschleife, in der wir noch nicht sagen können: Wir halten es für selbstverständlich, dass eine Frau die nächste Präsidentin von Mexiko wird. Es würde mich nicht wundern, wenn es in letzter Minute noch einen Wechsel gäbe«.

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Berlin

AfD-Eklat im Bundestag bei Debatte über Völkermord

Der Bundestag unterbricht seine Haushaltsberatungen für eine Diskussion zum Gedenken an das Kriegsverbrechen in Srebrenica vor 30 Jahren. Bei AfD-Reden kommt es zum Skandal

 11.07.2025

Justiz

Berufung wegen antisemitischer Inhalte auf X zurückgewiesen

Das Landgericht hatte die Klage im Juni 2024 mit Verweis auf fehlende internationale Zuständigkeit abgewiesen

 11.07.2025

Ravensbrück

Familie von KZ-Überlebender erhält Ring zurück

Im Frühjahr war es demnach einer Freiwilligen gelungen, die Familie von Halina Kucharczyk ausfindig zu machen

 11.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Washington D.C.

US-Behörde wartet auf Daten zu attackierten Iran-Atomanlagen

In welche Tiefen drangen die bunkerbrechenden Bomben in die iranischen Atomanlagen vor? Die für die Entwicklung der Bomben zuständige Behörde hat darauf noch keine Antwort

 11.07.2025

Sarajevo/Berlin

Rabbiner: Srebrenica-Gedenken in Deutschland besonders wichtig

8.000 Tote und eine Wunde, die nicht verheilt: Heute gedenkt die Welt der Opfer des Massakers von Srebrenica. Das liberale Judentum sieht eine gemeinsame Verantwortung - auch bei der deutschen Erinnerungskultur

 11.07.2025

Brüssel

EU baut Drohkulisse gegen Israel auf

Die EU will Israel zu einer besseren humanitären Versorgung der Menschen in Gaza drängen - und präsentiert das Inventar ihrer Daumenschrauben

 11.07.2025

Berlin

Mehr Verfahren wegen Antisemitismus eingeleitet

Die Berliner Staatsanwaltschaft bearbeitet Hunderte Fälle mit antisemitischem Hintergrund

 11.07.2025