Altenstadt-Waldsiedlung

Ortsbeirat will NPD-Politiker wieder abwählen

Foto: dpa

Nach einer Welle der Empörung soll der frisch gewählte NPD-Ortsvorsteher im hessischen Altenstadt-Waldsiedlung seinen Posten wieder verlieren. CDU, SPD und FDP wollen mit einem gemeinsamen Antrag erreichen, dass der Vertreter der rechtsextremen Partei abgewählt wird, wie die Kreisvorsitzende der CDU Wetterau und hessische Europaministerin, Lucia Puttrich, der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden sagte. Die drei Parteien haben in dem Ortsbeirat zusammen acht der neun Sitze.

Zwei-Drittel-Mehrheit Nach Angaben des hessischen Innenministeriums als kommunale Aufsichtsbehörde ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, damit der Vorsitzende eines Ortsbeirats abberufen werden kann. Das sehe die Hessische Gemeindeordnung vor. Der Ortsbeiratsvorsitzende sei verpflichtet, die Abberufung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen, wenn der entsprechende Antrag von einem Viertel der Ortsbeiratsmitglieder unterzeichnet werde.

Das Gremium in Altenstadt-Waldsiedlung in der Wetterau hatte in der vergangenen Woche den stellvertretenden Landesvorsitzenden der rechtsextremen NPD, Stefan Jagsch, einstimmig zum Ortsvorsteher gewählt. Bei der Wahl waren sieben Mitglieder des Ortsbeirats anwesend. Die Entscheidung hatte bundesweit Entsetzen und Forderungen nach einer Neuwahl ausgelöst. Jagsch hatte am Sonntag erklärt, einen Antrag auf Abwahl juristisch prüfen zu lassen.

Arglosigkeit Puttrich sagte, den Beteiligten sei durch die zahlreichen Reaktionen in aller Härte und Schärfe bewusst geworden, welchen Fehler sie mit der Wahl des NPD-Politikers gemacht hätten. Diese Arglosigkeit sei schockierend. »Das hätte nicht passieren dürfen«, sagte sie. Nun gehe es darum, keine Verfahrensfehler zu machen. Jagsch sei in dem Ort bekannt, erläuterte Puttrich. Die Menschen müssten aber sensibilisiert werden und es nicht auf die leichte Schulter nehmen, dass er von der NPD sei: »Auch wenn er mit freundlichem Gesicht kommt: Das ist der Wolf im Schafspelz.«

»Auch wenn er mit freundlichem Gesicht kommt: Das ist der Wolf im Schafspelz«, sagt die CDU-Politikerin Lucia Puttrich über den NPD-Mann.

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ist die älteste aktive rechtsextreme Partei. Zwei Anläufe für ein Verbot waren gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht stellte in einem Urteil im Januar 2017 für die NPD eine »Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus« fest, sie sei verfassungsfeindlich.

NPD-Mandatsträger Nach Angaben des hessischen NPD-Landesvorsitzenden Daniel Lachmann wurde mit Jagsch erstmals ein Vertreter der Partei zum Ortsvorsteher gewählt. Außer in Altenstadt–Waldsiedlung sei die NPD mit einem Abgeordneten im Ortsbeirat Leun–Stockhausen in Mittelhessen vertreten. Kooperationen oder Koalitionen gebe es in Hessen auf kommunaler Ebene nicht - allerdings stimme »man sich in der einen oder anderen Sache mit Abgeordneten im Vorfeld ab«. Die NPD stellt in Hessen noch weitere Mandatsträger auf Kreis- oder Gemeindeebene.

Der FDP-Landesvorsitzende Stefan Ruppert erklärte: »Die Wahl eines NPD-Mannes zu welchem Amt auch immer, lässt sich nicht mit den Grundwerten der Freien Demokraten vereinbaren.« Der Grünen-Landesvorsitzende Philip Krämer teilte mit, schon ein Blick auf das Facebook-Profil hätte genügt, um herauszufinden, dass Jagsch ein völkischer und ausländerfeindlicher Rechtsextremist sei. Ein Neonazi, dessen Partei offen verfassungsfeindlich sei, dürfe in einer Demokratie kein offizielles Amt bekleiden.

Die Grüne-Landtagsabgeordnete Kathrin Anders aus dem Wetteraukreis rief die Bürger dazu auf, sich ehrenamtlich in Ortsbeiräten zu engagieren. »Personalmangel kann in einer Demokratie kein Argument sein, einen Neonazi zu wählen«, erklärte sie. Zeitungsberichten zufolge hatte es neben Jagsch keinen anderen Kandidaten gegeben. Ähnlich äußerte sich CDU-Bundestagsfraktionschef Ralph Brinkhaus. »Es ist eine große Herausforderung, Menschen wieder für die Arbeit in der Kommunalpolitik zu begeistern«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/ Dienstag).

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Berlin

AfD-Eklat im Bundestag bei Debatte über Völkermord

Der Bundestag unterbricht seine Haushaltsberatungen für eine Diskussion zum Gedenken an das Kriegsverbrechen in Srebrenica vor 30 Jahren. Bei AfD-Reden kommt es zum Skandal

 11.07.2025

Justiz

Berufung wegen antisemitischer Inhalte auf X zurückgewiesen

Das Landgericht hatte die Klage im Juni 2024 mit Verweis auf fehlende internationale Zuständigkeit abgewiesen

 11.07.2025

Ravensbrück

Familie von KZ-Überlebender erhält Ring zurück

Im Frühjahr war es demnach einer Freiwilligen gelungen, die Familie von Halina Kucharczyk ausfindig zu machen

 11.07.2025

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Washington D.C.

US-Behörde wartet auf Daten zu attackierten Iran-Atomanlagen

In welche Tiefen drangen die bunkerbrechenden Bomben in die iranischen Atomanlagen vor? Die für die Entwicklung der Bomben zuständige Behörde hat darauf noch keine Antwort

 11.07.2025

Sarajevo/Berlin

Rabbiner: Srebrenica-Gedenken in Deutschland besonders wichtig

8.000 Tote und eine Wunde, die nicht verheilt: Heute gedenkt die Welt der Opfer des Massakers von Srebrenica. Das liberale Judentum sieht eine gemeinsame Verantwortung - auch bei der deutschen Erinnerungskultur

 11.07.2025

Brüssel

EU baut Drohkulisse gegen Israel auf

Die EU will Israel zu einer besseren humanitären Versorgung der Menschen in Gaza drängen - und präsentiert das Inventar ihrer Daumenschrauben

 11.07.2025

Berlin

Mehr Verfahren wegen Antisemitismus eingeleitet

Die Berliner Staatsanwaltschaft bearbeitet Hunderte Fälle mit antisemitischem Hintergrund

 11.07.2025