Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Das wird sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gedacht haben, als er das Interview hörte, das Palästinenserpräsident Mahmud Abbas dem israelischen Fernsehen gegeben hatte. Was Abbas dort sagte, war fast zu schön, um wahr zu sein. Einen palästinensischen Staat solle es nur im Westjordanland und in Gaza geben, so der PLO-Chef, Anspruch auf israelisches Gebiet erhebe man nicht. Ferner wolle er in seine Geburtsstadt Safed höchstens als Tourist zurückkehren. Dies legten ihm wohlmeinende Beobachter als Absage an den palästinensischen Anspruch auf »Rückkehr« aus – eines der Haupthindernisse für den Frieden.
Staatspräsident Schimon Peres zeigte sich denn auch prompt begeistert über so viel Versöhnungswillen, ebenso die Oppositionspolitiker Zipi Livni und Ehud Olmert, die Netanjahu vorwarfen, die großmütig ausgestreckte Hand nicht anzunehmen. Der als rechter Hardliner verschriene Regierungschef nämlich hatte auf Abbas’ Worte eher kühl reagiert und sie als reine Rhetorik abgetan. Zu lebendig ist die Erinnerung an frühere leere Versprechungen und nicht eingehaltene Zusagen von palästinensischer Seite.
sonderrecht Prompt protestierte die Hamas gegen Abbas’ »Verrat«, und dieser beeilte sich, klarzustellen, dass er das Rückkehrrecht niemals antasten werde. Sein Sprecher Nabil Abu Rudaineh betonte zudem, Abbas habe seine Interviewaussagen nur gemacht, um die öffentliche Meinung in Israel zu beeinflussen. Die Euphorie von Peres, Livni und Olmert wirkte auf einmal etwas schal.
Nach dem Unabhängigkeitskrieg von 1948 verließen etwa 700.000 Araber das Gebiet des heutigen Israel. Heute gibt es schon zwischen vier und fünf Millionen Menschen, die den Status des »Palästinaflüchtlings« für sich beanspruchen. Ein internationales Sonderrecht: Überall sonst auf der Welt endet der Flüchtlingsstatus mit dem Tod der tatsächlich Geflohenen und ist nicht über Generationen vererbbar. Solange sich die Mehrheit der Palästinenser nicht damit abfindet, dass eine Rückkehr ins israelische Kernland nicht infrage kommt, werden Netanjahu und die politische Rechte in ihrer Skepsis gegenüber palästinensischen Friedensangeboten wieder und wieder bestätigt werden.