Studie

»Nicht ernst genommen«

Ergebnis einer Razzia bei Rechtsextremen – ausgestellt im Polizeipräsidium Köln im April 2012 Foto: dpa

Probleme mit Rechtsextremismus wurden in den westlichen Bundesländern einer neuen Studie zufolge systematisch unterschätzt oder kleingeredet. Der von der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung herausgegebene Report Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden untersucht beispielhaft die Zustände in zehn Orten in sechs westdeutschen Bundesländern. Die Untersuchung knüpft an den Vorgängerreport Das Kartell der Verharmloser von 2012 an.

Der neue Report dokumentiere die Bagatellisierung der alltäglichen rechten Gewalt durch Polizei, Justiz und Politik, sagte Autorin Marion Kraske bei der Vorstellung am Mittwoch in Berlin. Dem gegenüber stehe das jahrelange Engagement von zahlreichen Initiativen gegen Rechtsextremismus, die dennoch allein gelassen und diskreditiert würden. »Betroffene werden nicht ernst genommen, Behörden ermitteln einseitig«, sagte Kraske. In diesem Kontext müsse auch der NSU-Terror betrachtet werden.

Ost-West »Viele Jahre wurde der Rechtsextremismus fast nur mit Ostdeutschland verbunden. Dabei konnten sich im Westen des Landes unbemerkt rechte Netzwerke und Kameradschaftsstrukturen verfestigen. Das Verharmlosen durch Behörden und Kommunen – ein folgenreicher Fehler, wie die Beispiele aus Wuppertal und Tostedt zeigen«, sagte Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung.

Zu oft würden rassistische Motive bei Straftaten bagatellisiert, würden Opfer zu Tätern gemacht, betonte Kahane. »Rassistische Haltungen sind in Polizei und Justiz ebenso weit verbreitet wie im Rest der Gesellschaft. Das Ausmaß hat mich schockiert!« Deshalb müssten »Verfehlungen innerhalb der Institutionen strafrechtlich verfolgt« werden und die Beamten entsprechend ausgebildet werden. Außerdem müsse eine »flächendeckende und dauerhafte Finanzierung von Beratungsstellen« gewährleistet werden.

beispiele Als Beispiele führt die Autorin Marion Kraske unter anderem Wuppertal und Amberg in Bayern an. In Wuppertal überfielen Neonazis im Jahr 2010 eine Kinoveranstaltung, in der ein Film über die rechtsextremen Umtriebe in der Gegend gezeigt wurde. Bis heute sei keiner der bekannten Täter dafür zur Verantwortung gezogen worden, so Kraske. In Amberg fänden wiederum seit Jahren immer häufiger Neonazi-Konzerte statt, Schwule erhielten Morddrohungen. Von den Verantwortlichen der Stadt werde das Problem aber geleugnet, »vor allem die Tatsache, dass es organisierte Strukturen gibt«, berichtet Kraske.

Eine 2010 von der ver.di-Jugend organisierte Mahnwache für einen 1995 von Neonazis umgebrachten Homosexuellen wurde vom Bürgermeister Ambergs kritisiert. Durch derartige Aktivitäten der ver.di-Jugend werde »ein erhebliches Gefährdungspotenzial provoziert«, warnte er. Die 40 Neonnazis, die die Mahnwache überfallen hatten, bezeichnete er dagegen lediglich als »Personen mit anderen politischen Vorstellungen«. ja/epd

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  01.05.2025

Justiz

100 Jahre alter früherer KZ-Wachmann gestorben

Dem Mann sollte möglicherweise der Prozess wegen Beihilfe zum Mord im KZ Sachsenhausen gemacht werden

 01.05.2025

Besuch

Tel Aviv und Berlin unterzeichnen bald Städtepartnerschaft

Am Montag wird der Bürgermeister der israelischen Metropole, Ron Huldai, im Roten Rathaus erwartet

 01.05.2025

Nahost

Heftige Gefechte in Syrien: Erneut mehrere Tote. Jetzt schaltet sich Israel ein

Eine Tonaufnahme löst in Syrien erneut eine Welle der Gewalt aus. Mehrere Menschen werden getötet

von Amira Rajab, Nehal ElSherif  30.04.2025

Bergen-Belsen

Die Lebenden und die Toten

Das Lager war ein Ort des Sterbens, doch hier wurden auch Menschen geboren. Überlebende, Angehörige und sogenannte DP-Babys trafen sich nun zum gemeinsamen Gedenken. Unsere Autorin war dabei

von Amie Liebowitz  30.04.2025

Joshua Schultheis

Lieber Friedrich Merz!

Der künftige Kanzler steht vor einer historischen Aufgabe im Umgang mit den Juden und mit Israel. Unser Autor hat ihm einen Brief geschrieben

von Joshua Schultheis  30.04.2025

Prozess

Terror-Unterstützerin kommt mit Verwarnung davon

Aitak Barani hatte kurz nach dem 7. Oktober 2023 die Massaker der Hamas als »gelungene Widerstandsaktion« bezeichnet. Dafür bekam sie vom Amtsgericht Frankfurt eine Geldstrafe - die sie aber vorerst nicht zahlen muss

 30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

Bern

Schweizer Juden reagieren auf Verbot der Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025