Entschädigung

Moralisch mau

Teil der Erinnerung an die Schoa: die Bahn Foto: imago

Die Deutsche Bahn AG (DB) sorgt sich um mögliche Klagen durch Schoa-Überlebende vor US-Gerichten. Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel jetzt berichtete, hat der Staatskonzern in diesem Zusammenhang Ende 2011 eine New Yorker Anwaltskanzlei und eine auf Krisen-PR spezialisierte Agentur beauftragt.

Hintergrund ist der Holocaust Rail Justice Act (HRJA) in den USA, der Entschädigungsansprüche von Überlebenden sichern soll, die während der deutschen Besatzung Frankreichs von der französischen Staatsbahn SNCF in die Vernichtungslager transportiert wurden.

Inwiefern auch die DB von dem Gesetz betroffen sein könnte, ist unklar. Ein DB-Sprecher sagte der Jüdischen Allgemeinen, Kanzlei und Agentur sollten den Gesetzgebungsprozess beobachten. Weitergehende Kommentare will die Bahn derzeit nicht abgeben. Bisher waren Klagen gegen die SNCF in den USA wegen unklarer Rechtslage gescheitert.

SNCF Laut Jerusalem Post lehnen die großen jüdischen US-Organisationen wie American Jewish Committee, Anti-Defamation League, B’nai B’rith und World Jewish Congress die Gesetzesinitative ab, weil sie den Überlebenden falsche Hoffnungen mache und zukünftige Verhandlungen über Entschädigungsleistungen erschwere.

Auch der französische Anwalt Serge Klarsfeld, der zusammen mit seiner Frau Beate die Ausstellung »Sonderzüge in den Tod« konzipierte, die in mehreren deutschen Bahnhöfen gezeigt wurde, sieht das Vorhaben kritisch. Die SNCF sei der falsche Adressat.

Als Auftraggeber und Organisator der Transporte sei die Deutsche Reichsbahn hauptverantwortlich und damit die DB als deren Rechtsnachfolgerin, sagte Klarsfeld der Jüdischen Allgemeinen. Klarsfeld glaubt zudem nicht, dass die Initiative eine Mehrheit im Kongress finden werde.

Hans-Rüdiger Minow von der Initiative »Zug der Erinnerung« verweist ebenfalls auf die Verantwortung der DB. Im Unterschied zu dieser habe die französische Konkurrenz kooperativ auf die in den USA im Zusammenhang mit der Vergabe neuer Hochgeschwindigkeitsstrecken erhobenen Vorwürfe reagiert, eine vollständige Dokumen- tation ihrer NS-Verwicklung zusammengestellt und eingestanden, bei den Deportationen kollaboriert zu haben.

Die Entschädigungsstiftung »Erinnerung, Verant- wortung, Zukunft«, auf deren Mitfinanzierung die DB gern verweise, und das damit zusammenhängende Abkommen zwischen Deutschland und den USA böten dem Konzern nur oberflächlich Schutz vor Klagen. Tatsächlich, so Minow weiter, sei die DB dem politischen Wohlwollen der US-Regierung ausgeliefert.

Zudem drohten dem Unternehmen neue, potenziell kostspielige Sammelklagen von osteuropäischen NS-Opfern. Der Konzern, erklärte Minow, möge sehr kapitalkräftig sein, doch beim Thema »moralisches Kapital« sehe es ganz mau aus.

Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Europa will den Wiederaufbau Gazas mit 1,6 Milliarden Euro fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, durch Scheckbuchdiplomatie etwas zum Besseren verändern zu können?

von Jacques Abramowicz  08.11.2025

Jerusalem

Bischof Azar bedauert Irritation durch »Völkermord«-Äußerung

Weil er in einem Gottesdienst in Jerusalem von »Völkermord« an den Palästinensern sprach, hat der palästinensische Bischof Azar für Empörung gesorgt. Nun bedauert er, dass seine Worte Irritation ausgelöst haben

von Christine Süß-Demuth  07.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten besetzen ZDF-Hauptstadtstudio

Die Polizei musste die Besetzung beenden

 07.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

9. November

Erinnerung ohne Empathie ist leer

Wenn Deutschland am Sonntag der Pogromnacht gedenkt, darf Erinnerung nicht nur rückwärtsgewandt sein. Sie muss auch die Angst der Juden von heute im Blick haben

von Tobias Kühn  07.11.2025

Berlin

Sarah Wedl-Wilson räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

Wurden Gelder für Projekte gegen Antisemitismus rechtswidrig verteilt? Das werfen Grüne und Linke der Kultursenatorin vor. Nun äußert sie sich

 07.11.2025

Diplomatie

Kasachstan will sich den Abraham-Abkommen anschließen

US-Präsident Donald Trump kündigte den Schritt wenige Tage vor dem Besuch des saudischen Kronprinzen im Weißen Haus. Auch Saudi-Arabien solle seine Beziehungen zu Israel normalisieren, so die Hoffnung des US-Präsidenten

 07.11.2025

Antiisraelischer Beschluss

Linken-Spitze distanziert sich von Parteijugend

Die Linksjugend Solid wirft Israel unter anderem einen »kolonialen und rassistischen Charakter« vor – und löst in der Partei Empörung aus

 06.11.2025

Urteil

Betätigungsverbot für israelfeindlichen Aktivisten war rechtswidrig

Ghassan Abu-Sittah, der der israelischen Armee vorwirft, vorsätzlich Kinder zu töten, hätte auf dem »Palästina-Kongress« sprechen dürfen

 06.11.2025