Die Pläne der Bundesregierung für ein schärferes Vorgehen gegen Hassbotschaften im Internet werden vom Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gelobt. »Klares Signal an die Justiz: Antisemitische Motive sind künftig dezidiert als strafverschärfend zu berücksichtigen. Mehr Abschreckung, weniger Milde ist der richtige Weg«, schrieb der Zentralratspräsident auf Twitter.
Justiz Zuvor hatte das Bundeskabinett die Pläne aus dem Justizministerium gebilligt. Nun befasst sich der Bundestag mit den Vorschlägen. Soziale Netzwerke sollen Nazi-Propaganda, die Billigung von Straftaten oder Vergewaltigungsdrohungen künftig dem Bundeskriminalamt (BKA) melden. Derzeit müssen soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter Hasspostings nur löschen, auf die sie aufmerksam gemacht wurden.
Für Beleidigungen im Internet sollen künftig Freiheitsstrafen von bis zu zwei statt bisher nur bis zu einem Jahr möglich sein. Antisemitische Motive sollen bei Straftaten als verschärfend gewertet werden.
»Wir müssen feststellen, dass solche Hasspostings, solche Bedrohungen dazu dienen, um andere Menschen mundtot zu machen«, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). »Dieser Hass trifft unsere Demokratie ins Herz.«
Terrorismus Bei schweren Straftaten wie Terrorismus und Tötungsdelikten – und wenn ein Richterbeschluss vorliegt – können Behörden auch Passwörter abfragen. Falls diese bei den Anbietern verschlüsselt gespeichert werden, werden sie auch so übermittelt.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast warnte vor einer »riesigen Verdachtsdatei« beim BKA, ohne konkrete Vorgaben zur Speicherung oder Löschung dieser Daten. Lambrecht betonte, die Mitarbeiter einer neu zu schaffenden Zentralstelle beim BKA prüften, ob es bei Meldungen um strafbare Inhalte gehe. »Wenn die nicht gegeben sind, dann muss gelöscht werden.«
Kritiker warnen insbesondere vor Gefahren für den Datenschutz und davor, dass die Plattformen staatlicher Behörden übernehmen müssten.»Im Ergebnis werden die betroffenen Plattformen dazu verleitet, eher zu viele als zu wenige Nutzerdaten an Strafverfolgungsbehörden zu melden – auch aus Sorge vor Bußgeldern«, warnte der Branchenverband Bitkom am Mittwoch.
Niema Movassat von der Linksfraktion sagte, das Gesetz sei ein »bedrohlicher Schritt in Richtung einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung und eine massive Gefahr für den Datenschutz«. Lambrecht unterstellte er »politischen Aktionismus«. Statt Strafverschärfungen täten spezielle Schwerpunktstaatsanwaltschaften und gut geschulte Ermittler Not.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae warnte ebenfalls: »Netzwerkanbieter werden auch künftig zweifelhafte Beiträge lieber löschen, als ein Bußgeld zu kassieren.«
Kommunalpolitiker Explizit sollen künftig auch Kommunalpolitiker besonders geschützt werden. Derzeit schützt das Strafgesetzbuch eine »im politischen Leben des Volkes stehende Person« vor übler Nachrede und Verleumdung. Angewendet wurde er bislang vor allem bei Bundes- und Landespolitikern. Dem entsprechenden Paragrafen wird nun der Satz hinzugefügt: »Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.«
Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU) forderte aber weitere Schritte. »Der heute beschlossene Gesetzentwurf bessert den Schutz vor Beleidigungen nur punktuell nach«, bemängelte er. Er fordere unter anderem einen eigenen Straftatbestand des »Cybermobbings«. dpa/ja