13. Februar in Dresden

Kretschmer: Deutschland hat sich Nazi-Vergangenheit gestellt

Ein Mann wird von der Polizei abgehalten, in Richtung einer Demonstration gegen eine rechte Kundgebung vor dem Dresdner Hauptbahnhof zu gehen. Foto: dpa

Stille Erinnerung, weiße Rosen, Kerzen und friedlicher Protest gegen Neonazis: Dresden hat am Samstag der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg vor 76 Jahren sowie aller Opfer von Krieg und Gewalt gedacht – diesmal wegen Corona überwiegend virtuell. Auch eine rechte Versammlung und der Gegenprotest blieben friedlich. Polizeipräsident Jörg Kubiessa teilte am späten Abend mit: »Dresden hat den seit vielen Jahren ruhigsten 13. Februar erlebt. Mit Blick auf das Versammlungsgeschehen gab es keine Straftaten und nur vereinzelte Verstöße gegen die Corona-Regeln.«

Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) warnte bei einer kleinen Gedenkfeier vor Verfälschungen in Vergangenheit und auch der Gegenwart. »Lassen wir Umdeutungen keinen Raum«, sagte er am Abend an der Erinnerungsstätte für die Toten der Luftangriffe vom 13. Februar 1945 und in den Tagen danach. »Das gelingt, indem wir das Richtige ins Zentrum rücken, anstatt das Falsche zu wiederholen.«

JUDENVERFOLGUNG Hilbert erinnerte daran, dass auch Dresdner 1933 bis 1945 »nur mit den Schultern gezuckt« hätten, als jüdische Geschäfte boykottiert, beschmiert und schließlich enteignet wurden und die Besitzer samt Familie verschwanden. Die Stadt sei mit ihren Rüstungsbetrieben und Verkehrsanlagen Teil der Maschinerie gewesen, »die von deutschem Boden aus einen mörderischen Krieg anzettelte«. Genau dieser Krieg habe schließlich auch in Dresden gewütet, sagte der Politiker und mahnte: »Nie wieder dürfen uns unsere Mitmenschen gleichgültig sein!«

Nach Aussage von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich Deutschland seiner Nazi-Vergangenheit gestellt. »Wir haben schonungslos aufgearbeitet und Konsequenzen gezogen aus dem, was in der Zeit des Nationalsozialismus an Verbrechen begangen wurde und welche Schuld wir Deutschen daran haben«, sagte er bei der kleinen Feier zum Dresdner Gedenken an die Zerstörung der Stadt am 13. Februar 1945.

VERTRAUEN Deutschland genieße überall in der Welt unterschütterliches Vertrauen. Auch die Landeshauptstadt profitiere von ausländischen Unternehmern, Investoren, Wissenschaftlern oder Touristen.

»Das war, ist und wird nur möglich sein, wenn weiterhin vollkommen klar ist, wo dieses Land steht, wo die übergroße Mehrheit der Deutschen steht, wenn es um Gleichheit, Gerechtigkeit, den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus geht.« Und auch Dresden mache an diesem Jahrestag immer wieder klar, »es ist eine weltoffene Stadt, hier leben anständige Menschen, hier fühlt man sich wohl«, betonte Kretschmer.

Am Abend wurden Fotos von Dresdnerinnen und Dresdnern unter anderem auf die Frauenkirche und die Synagoge projiziert.

MENSCHENKETTE Das Programm des Gedenktages war wegen der Corona-Pandemie auf ein Minimum reduziert, die traditionelle Menschenkette zog sich nur symbolisch um die Innenstadt. Dafür wurden unter Glockegeläut über 1200 Fotos auf die Fassaden markanter und angestrahlter Gebäude projiziert, die Bürger von sich zuvor im Internet hochgeladen hatten. Unter den angestrahlten Bauten waren auch die Frauenkirche und die Synagoge sein.

Am Nachmittag standen am Dresdner Hauptbahnhof geschätzt 500 Neonazis bis zu 300 Gegendemonstranten gegenüber, die laut, mit Trommeln und Sprechchören gegen Rechtsextremismus und den Missbrauch der historischen Ereignisse protestierten. Manche Teilnehmer der rechten Kundgebung waren mit Plakaten und schwarz-weiß-roten Fahnen erschienen. Neonazis sehen in den Bombardements ein beispielloses Kriegsverbrechen der Alliierten, ohne die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg und die Kausalität der Ereignisse zu berücksichtigen.

MAHNWACHEN Mit der Anmeldung etwa von Mahnwachen hatte das Aktionsbündnis »Dresden Nazifrei« seinerseits markante andere Stätten im Vorfeld »blockiert«. An der Frauenkirche stellten Bürger über den ganzen Tag Kerzen ab oder legten Blumen an Denkmalen nieder. In der Innenstadt waren viele Polizisten präsent und Zufahrtsstraßen zum Hauptbahnhof zeitweise gesperrt.

Die Polizei trennte beide Gruppen strikt voneinander. Bis zum Nachmittag habe es keine Zwischenfälle gegeben, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Dresden erinnert alljährlich um den 13. Februar herum an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg und an die Millionen Opfer der NS-Zeit. Bei alliierten Luftangriffen auf Dresden zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 starben wissenschaftlichen Schätzungen zufolge starben etwa 25.000 Menschen. dpa/epd

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