Einspruch

Koscherliste auf Österreichisch

»Dass sich Politiker anmaßen, behördliche Listen mit Juden einführen zu wollen, ist ungeheuerlich«: Reuven Rennert Foto: www.peterrigaud.com

Einspruch

Koscherliste auf Österreichisch

Reuven Rennert wundert sich über die Lust an der Registrierung und angeblichen Tierschutz

von Reuven Rennert  24.07.2018 11:59 Uhr

Für Juden in Österreich war die vergangene Woche keine gute. Nicht zuletzt, weil bekannt wurde, dass der für Tierschutz verantwortliche FPÖ-Landesrat, Gottfried Waldhäusl, die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass künftig für das gesetzlich geregelte Schächten von Tieren eine Reihe von zusätzlichen Voraussetzungen in Kraft treten sollte: namentliche Registrierung der Endabnehmer sowie Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs. Dazu müssten Juden nachweisen, dass sie tatsächlich die Kaschrut einhalten.

Innerhalb kurzer Zeit wurde diese unerhörte Verlautbarung auch international massiv kritisiert. Inzwischen versichert die Kanzlerpartei ÖVP, dass die Pläne für das Bundesland Niederösterreich, die, wie sich herausstellte, bereits vom sozialdemokratischen Vorgänger erstellt wurden, nicht umgesetzt würden.

perfide Die Tatsache aber, dass sich Politiker anmaßen, behördliche Listen mit Juden einführen zu wollen, ist schon ungeheuerlich genug, und der Vorschlag, die Einhaltung der Speisegesetze der aufgelisteten Juden zu erfassen, ist perfide.

Aber es passt durchaus zur FPÖ Niederösterreich, die schon lange für ein komplettes Schächtverbot eintritt. Wenig überraschend auch, dass die linkspopulistische »Liste Pilz« Waldhäusl kritisierte, das gehe nicht weit genug. Von den noblen Streitern für Tierschutz und gegen einen »archaischen religiösen Ritus« empört sich interessanterweise kaum jemand über einen Discounterpreis von vier Euro für ein Kilogramm Schweinefleisch.

Unterkriegen lassen sich Österreichs Juden von den Ereignissen der letzten Woche, die in einem tätlichen Übergriff gegen drei Juden kulminierten, nicht. Die IKG Wien gibt sich zu Recht kämpferisch. Und trotzdem bleibt ob der immer wiederkehrenden Schwierigkeiten des jüdischen Exils, die uns gerade in den Tagen vor Tischa beAw vor Augen geführt wurden, wenn der Zerstörung des Tempels und der Vertreibung in die Diaspora gedacht wird, ein ungutes Gefühl zurück.

Der Autor ist Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde Wien.

Nahost

Netanjahu nach Washington abgereist - Treffen mit Trump 

Der israelische Regierungschef trifft den US-Präsidenten zum dritten Mal in sechs Monaten. Die Beziehungen sind eng. Mit Blick auf den Nahen Osten knüpfen sich an den Besuch große Erwartungen

 06.07.2025

Politik

AfD will im Bundestag »gemäßigt« auftreten

Die rechtsextreme Partei will sich im Parlament weniger krawallig präsentieren und beschließt dafür einen Verhaltenskodex

 06.07.2025

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Meinung

Israel, Iran und das Völkerrecht

Die Präventivschläge Israels gegen das Atomprogramm der Mullahs verstießen nicht gegen das Völkerrecht, sondern waren ebenso notwendig wie angemessen

von Daniel Neumann  06.07.2025

Westjordanland

Kritik nach Angriff auf Deutsche-Welle-Mitarbeiter

Eine Korrespondentin und ein Kameramann wurden am Freitag von radikalen Siedlern mit Steinen beworfen

 06.07.2025

Interview

Antisemitismusforscher: »Seit dem 7. Oktober gibt es eine Mobilisierung gegen Juden«

Günther Jikeli über die Auswirkungen des 7. Oktober 2023 auf die deutsche Gesellschaft, israelfeindliche Proteste an Hochschulen und Defizite in der Wissensvermittlung

von Pascal Beck  06.07.2025

Nuklearprogramm

Atominspektoren der IAEA verlassen den Iran

Nach dem Krieg mit Israel setzt Teheran weiter auf Konfrontation mit der Internationalen Atomenergiebehörde

 05.07.2025

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Meinung

Der falsche Feind

Warum der deutsche Pazifismus blind für die Realitäten in Nahost ist – und deshalb moralisch Schiffbruch erleiden muss

von Mirna Funk  06.07.2025 Aktualisiert