München

Knobloch entsetzt über antisemitische Aussagen ihres ehemaligen Leibwächters

Charlotte Knobloch (90) ist als Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde Münchens seit Jahren auf Personenschutz angewiesen Foto: IMAGO/Sven Simon

In Bayern ist ein Polizist, der in Vergangenheit auch für den Schutz der Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in München und Oberbayern eingesetzt war, vom Verwaltungsgericht München wegen antisemitischer und rassistischer Aussagen in Chatgruppen in einen niedrigeren Dienstrang degradiert worden. Das berichtete die »Süddeutsche Zeitung« in ihrer Donnerstagsausgabe.

Das Polizeipräsidium München hatte dem Bericht zufolge auf die Entfernung des Polizisten aus dem Dienst gedrängt, da die Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Mann »irreparabel zerstört« sei, so die SZ. Zuvor war der Mann bereits suspendiert gewesen. Die Richterin hielt dem Personenschützer aber zugute, dass er Reue über seine Aussagen in privaten Chatgruppen gezeigt habe und entschied, dass er im Polizeidienst verbleiben könne, allerdings in einem niedrigeren Dienstrang.

DACHAU Während seiner Zeit als Personenschützer Knoblochs soll der betreffende Beamte laut SZ unter anderem geschrieben haben: »Ich scheiß‹ ihr vor die Tür, schön braun, mit Fähnchen.«

Vor Gericht habe er sich damit gerechtfertigt, die Aussage sei in Zusammenhang mit Knoblochs schwerkrankem Hund getätigt worden, der unter starkem Durchfall gelitten habe.

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Einem anderen, mittlerweile nicht mehr im Polizeidienst tätigen Kollegen habe der Polizist zudem des Öfteren Sprachnachrichten zugeschickt, in denen er Adolf Hitlers Stimme imitiert und unter anderem zustimmend auf die Behauptung reagiert habe, wegen der Corona-Maßnahmen könne man auch wieder ein Konzentrationslager aufmachen. Auch anderen problematischen Äußerungen seines Gesprächspartners habe er in dem Chat beigepflichtet.

So habe er, berichtet die SZ, als Personenschützer des israelischen Generalkonsuls in München einem Kollegen geschrieben, als Fahrziel sei ihm Dachau lieber als Auschwitz oder Flossenbürg, weil man da »früher heimkomme«. Der andere habe darauf erwidert: »Aber nicht der, der den Ofen sauber machen muss.«

Der Polizist leugnete die Aussagen vor dem Verwaltungsgericht nicht, sondern rechtfertigte sich damit, er habe einfach »mitgeblödelt« und sich später von seinem Freund distanziert. Zudem seien einige Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen worden.

Charlotte Knobloch zeigte sich bestürzt. Gegenüber der Jüdischen Allgemeinen erklärte die IKG-Präsidentin: »Mit Entsetzen habe ich Berichte über einen ehemaligen Personenschützer zur Kenntnis genommen, der sich in Gesprächen mit Kollegen antisemitisch und hasserfüllt geäußert haben soll – und der auch vor Gericht mit unwahren Aussagen über seine Tätigkeit bei mir aufgefallen ist. Auch wenn die fraglichen Einsätze in meinem Umfeld bereits lange zurückliegen, trifft diese Nachricht mich persönlich schwer. Sie berührt nicht nur meine eigene Sicherheit, sondern auch das Verhältnis zur Polizei insgesamt.«

INTEGRITÄT Die 90-jährige gebürtige Münchnerin, die auf einem Bauernhof versteckt in Franken die Schoa überlebte und seit Jahren rund um die Uhr von Personenschützern bewacht werden muss, betonte, sie wollen keine pauschale Kritik an der Polizei üben.

»Heute ist die Polizei ein Teil des demokratischen Fundaments unseres Landes. Ihre Dienste kommen allen Bürger unabhängig vom persönlichen Hintergrund zugute«, so Knobloch. »Menschen, die besonderen Schutz benötigen, müssen sich deshalb jedoch unbedingt darauf verlassen können, dass die Polizeibeamten den hohen Anforderungen ihrer Aufgabe gerecht werden.« Sie selbst habe sich in den vergangenen Jahrzehnten stets darauf verlassen.

Knobloch weiter: »Es schmerzt mich zu sehen, dass mein Vertrauen im vorliegenden Fall offenbar missbraucht wurde. Mein Vertrauen in die Beamten, die heute meine Sicherheit gewährleisten, nimmt dadurch aber keinen Schaden. Ich weiß, was sie für mich leisten. Das Urteil über sie wird nicht auf der Basis von Kollegen gefällt, deren moralischer Kompass irreparabel beschädigt ist.«

Eine pauschale Kritik an der Integrität der Polizei rechtfertige der Fall aber nicht. Die IKG-Präsidentin dankte ausdrücklich dem Münchner Polizeipräsidium für seine entschlossene Haltung in diesem Fall. Sie baue darauf, so Knobloch weiter, dass die internen Kontrollmechanismen der Polizei auch in Zukunft weiter wirksam blieben: »Nur so kann Vertrauen erhalten, anstatt zerstört werden.« mth

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