Berlin

Josef Schuster mahnt Rentenlösung für jüdische Zuwanderer an

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: dpa

Der Zentralrat der Juden erhofft sich von der nächsten Bundesregierung ein entschiedenes Vorgehen gegen Extremismus und eine Lösung für die Altersabsicherung jüdischer Zuwanderer. Das Problem der Altersarmut in dieser Gruppe sei in der verstrichenen Legislaturperiode leider nicht gelöst worden, sagte der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, drängt auf Fortschritte. »Für jüdische zugewanderte Menschen in Deutschland ist Altersarmut eine große Belastung, weil sie über keine ausreichende Alterssicherung verfügen«, sagte er der dpa.

Rechtsgrundlage Etwa 200.000 jüdische Zuwanderer kamen zwischen 1991 und 2005 in einer humanitären Hilfsaktion aus Staaten der früheren Sowjetunion nach Deutschland. Auch heute können jüdische Bürger dieser Staaten oder staatenlose Jüdinnen und Juden leichter nach Deutschland ziehen, allerdings auf einer anderen Rechtsgrundlage. 

Die sogenannten Kontingentflüchtlinge aus den 90er-Jahren und der Zeit nach der Jahrtausendwende können kaum mit Rentenzahlungen aus ihren Herkunftsländern rechnen, in denen sie einen Großteil ihres Arbeitslebens verbracht haben. Das liegt zum Teil daran, dass es an Sozialversicherungsabkommen fehlt. Betroffen sind nach Angaben der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) etwa 65.000 bis 70.000 Menschen. Dies habe eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit Bund und Ländern ermittelt.

Jüdische Zuwanderer können kaum mit Rentenzahlungen aus ihren Herkunftsländern rechnen, in denen sie einen Großteil ihres Arbeitslebens verbracht haben.

Das anzugehen, hatte sich bereits die scheidende schwarz-rote Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, ebenso für frühere DDR-Bürger und Spätaussiedler. Bund und Länder wurden sich bislang aber nicht einig über die Finanzierung.

Grundsicherung Bei einer stichprobenhaften Befragung unter jüdischen Betroffenen hätten 93 Prozent angegeben, dass sie Grundsicherung im Alter beziehen, weil die in Deutschland oder den Herkunftsländern erworbenen Rentenansprüche nicht zur Deckung des Existenzminimums reichten, so die Zentralwohlfahrtsstelle. Die beiden größten Gruppen kamen der Stichprobe zufolge aus der Ukraine und Russland. Mehr als zwei Drittel der Befragten hätten einen akademischen Abschluss, der aber nur bei etwas mehr als einem Fünftel hierzulande anerkannt worden sei.

Das innerhalb der Bundesregierung federführend zuständige Bundesarbeitsministerium erklärte auf Anfrage, die Beratungen zum Thema dauerten an. Zwar habe eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern im März als Ergebnis ihrer Beratungen einen Härtefallfonds für jüdische Kontingentflüchtlinge, Spätaussiedler und Ex-DDR-Bürger vorgeschlagen. Doch insbesondere die Frage der Finanzierung sei nicht geklärt. Eine Antwort der Länder zu ihrer eigenen Beteiligung stehe noch aus.

»Ich hoffe, dass es gelingt, eine Fondslösung in Kürze in die Tat umzusetzen.«

Josef Schuster

»Ich hoffe, dass es gelingt, diese Fondslösung in Kürze in die Tat umzusetzen«, erklärte Schuster. »Da baue ich auch auf die neue Bundesregierung.« Falls eine Einigung mit den Ländern nicht zustande komme, solle der Bund die Kosten übernehmen. Die ZWST wies auf den Beitrag hin, den die Zuwanderer zur Wiederherstellung jüdischen Lebens in Deutschland geleistet hätten. »Wir sind, im Wissen um die aufgrund des hohen Alters der Zugewanderten, immer knapper werdende Zeit in der Verantwortung, eine zeitnahe und politisch umzusetzende Lösung zu finden.«

Lösungsvorschläge Auch der Beauftragte für jüdisches Leben, Klein, pochte auf eine Lösung. »Die Menschen sind in den 90er-Jahren dem Versprechen der damaligen Bundesregierung auf eine bessere Lebensperspektive gefolgt.« Dann sei es aber versäumt worden, eine Regelung für eine »würdige Altersvorsorge« zu treffen. »Die in der vergangenen Legislaturperiode erarbeiteten Lösungsvorschläge sollten von der neuen Bundesregierung nun rasch aufgegriffen werden.« 

Von der neuen Bundesregierung forderte Zentralratspräsident Schuster neben der Unterstützung für betagte Zuwanderer ein entschiedenes Eintreten gegen Extremismus. »Ich wünsche mir ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus«, sagte er. Dazu zähle auch die Verabschiedung eines Demokratiefördergesetzes, das die langfristige Finanzierung etwa von Initiativen gegen Extremismus sichern soll. dpa

Spanien

Ministerpräsident annulliert Munitionsgeschäft mit Israel

Pedro Sánchez fährt seinem Innenminister in die Parade und untersagt auf Druck seines linken Koalitionspartners den Einkauf von Munition für die Polizeitruppe Guardia Civil

von Michael Thaidigsmann  24.04.2025

Syrien

Al-Scharaa: Friedensschluss mit Israel nicht ausgeschlossen

Einst kämpfte Ahmed al-Sharaa für islamistische Terrororganisationen. Einem US-Abgeordneten zufolge könnte der neue Staatschef nun in eine ganz andere Richtung gehen

 24.04.2025

Justiz

Teilerfolg Israels vor Internationalem Strafgerichtshof 

Das Weltstrafgericht erließ Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu. Israel legte Einspruch ein, doch scheiterte - bis jetzt

 24.04.2025 Aktualisiert

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  24.04.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  24.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Geschichte

Heftige Kontroverse: Russischer Botschafter will zu weiterer Gedenkveranstaltung

Die Teilnahme des russischen Botschafters am Weltkriegs-Gedenken auf den Seelower Höhen hat eine heftige Kontroverse ausgelöst. Jetzt will er zu einer weiteren Gedenkveranstaltung

von Michael Fischer  24.04.2025

Antisemitismus

»Das ist keine Meinungsfreiheit, was da stattfindet. Es ist Aufhetzungsfreiheit«

Israels Botschafter Ron Prosor warnte in seiner Rede in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen vor einem neuen Gesicht des Judenhasses

 24.04.2025

KZ-Gedenkstätte Auschwitz

»Triumph des Lichts für das jüdische Volk«

Beim »Marsch der Lebenden« sind diesmal außer Holocaust-Überlebenden auch ehemalige israelische Gaza-Geiseln dabei. Für Eli Scharabi ist es ein besonderer Moment

 24.04.2025