Nahost

Israel warnt vor iranischer Atombombe

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Foto: dpa

Mit der gesteigerten Urananreicherung verfolgt der Iran nach Einschätzung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ein alleiniges Ziel – »den Bau von Atombomben«. Das sagte Netanjahu bei einer Sitzung seines Kabinetts am Sonntag.

Er rief die EU erneut dazu auf, die vom UN-Sicherheitsrat vorgesehenen automatischen Sanktionen gegen den Iran bei Verstößen gegen das Nuklearabkommen in Kraft zu setzen. »Dies ist ein sehr gefährlicher Schritt, und ich wende mich an meine Freunde, die Oberhäupter von Frankreich, Großbritannien und Deutschland: Ihr habt dieses Abkommen unterzeichnet und gesagt, dass es scharfe Sanktionen geben wird, sobald sie die Iraner diesen Schritt unternehmen«, sagte Netanjahu.

VERSTOSS Der Iran hatte am Sonntag angekündigt, sein Uran über die erlaubte Grenze von 3,67 Prozent hinaus anzureichern und damit gegen eine zentrale Auflage der Vereinbarung zu verstoßen. Zuvor hatte Teheran bereits die zulässige Menge an Uranvorräten überschritten. Es war der zweite Verstoß gegen das Atomabkommen binnen weniger Tage. Zuletzt hatte der Iran die Menge der genehmigten Uranvorräte von 300 Kilogramm überschritten.

Der iranische Teilausstieg ist eine Reaktion auf den Ausstieg der USA aus dem Abkommen im Jahr 2018 und die drastischen US-Wirtschaftssanktionen. Die Islamische Republik will die verbliebenen Partner des Abkommens mit ihren Schritten zwingen, ihr wirtschaftspolitisch entgegenzukommen.

Anlass des Abkommens war die Sorge der internationalen Gemeinschaft, der Iran könne eine Atombombe bauen.

Die Vereinbarung von 2015 hatte unter anderem zum Ziel, dem Iran durch einen erleichterten Export seiner Güter vor allem Öl zu einem Wirtschaftsaufschwung zu verhelfen. Die verbliebenen Partner des Abkommens  China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollten bisher trotz des US-Widerstands die Vereinbarung eigentlich retten.

URAN Anlass der Vereinbarung war die Sorge der internationalen Gemeinschaft, der Iran könne eine Atombombe bauen. Daher wurde das iranische Atomprogramm massiv eingeschränkt und streng überwacht. Auf 90 Prozent hoch angereichertes Uran kann für Atombomben benutzt werden. Nach der angekündigten Anreicherung des Urans am Sonntag ist der Schritt bis zum waffenfähigen Uran nur noch klein.

Israel ist aufgrund der Verstöße des Iran gegen das Atomabkommen in großer Sorge. Der Iran droht dem jüdischen Staat wiederholt mit dessen Auslöschung.

Auch die Bundesregierung ist tief besorgt wegen des neuen iranischen Verstoßes. Deutschland und die anderen verbliebenen Partner der Vereinbarung von 2015 hätten wiederholt an den Iran appelliert, keine weiteren Maßnahmen zu ergreifen, die die Nuklearvereinbarung weiter aushöhlten, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Sonntag. »Wir rufen Iran mit Nachdruck dazu auf, alle Schritte einzustellen und rückgängig zu machen«, so der Sprecher des Auswärtigen Amts weiter.

DIPLOMATIE Irans Vizeminister Araghchi dagegen bezeichnete den iranischen Schritt als legitim und im legalen Rahmen des Wiener Abkommens. »Wir haben nach dem Ausstieg der USA im vergangenen Jahr der Diplomatie ein Jahr Zeit gegeben, aber ohne Ergebnisse«, sagte Araghchi. Dennoch sei der Weg für eine diplomatische Lösung weiterhin offen. Präsident Hassan Ruhani habe am Samstagabend ein konstruktives Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron über weitere Verhandlungen dazu geführt, sagte der Vizeminister. Dabei sei es vor allem um ein Außenministertreffen der verbliebenen Vertragspartner gegangen.

Bis zum endgültigen Aus der Vereinbarung gibt es noch eine letzte Frist.

Konkret bedeutet die iranische Ankündigung: Seit Sonntag gibt es niemanden mehr, der sich an das Abkommen hält. Und nun? Haben die »Kräfte des Chaos« jetzt wieder freien Lauf im Mittleren Osten?

Noch nicht ganz. Bis zum endgültigen Aus der Vereinbarung gibt es noch eine letzte Frist. Sollte die Internationale Atomenergiebehörde IAEA den Verstoß des Irans bestätigen, werden die Europäer aller Voraussicht nach ein Schlichtungsverfahren einleiten, das bis zu 65 Tage dauern kann. 35 Tage lang können sich die Vertragspartner untereinander auf verschiedenen Ebenen um eine Lösung bemühen. Gibt es kein Ergebnis, hat der UN-Sicherheitsrat weitere 30 Tage Zeit für die Schlichtung.

Bleibt es auch dann bei den Vertragsverletzungen, treten die UN-Sanktionen gegen den Iran automatisch wieder in Kraft. Die EU würde dann ihre Strafmaßnahmen ebenfalls wieder einsetzen. Damit hätte sich das Abkommen endgültig erledigt.

Der einflussreiche Ajatollah Ali Kermani droht den USA mit einem Meer aus Blut.

BLUT Am Wochenende hatte ein einflussreicher iranischer Ajatollah den USA gedroht, der Iran werde den Persischen Golf bei einem militärischen Angriff in ein »rotes Meer« verwandeln. Ajatollah Ali Mowahdei Kermani sagte beim Freitagsgebet in der Hauptstadt Teheran in Richtung USA: »Wenn Ihr uns angreifen wollt, bitte, dann werden wir die Farbe des Persischen Golfs von blau in rot umwandeln.«

US-Präsident Donald Trump sagte am Freitag vor Journalisten in Washington: »Wir werden sehen, was mit dem Iran passiert. Der Iran muss sehr, sehr vorsichtig sein.« Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnt unterdessen vor einer neuen Flüchtlingskrise im Falle einer weiteren Verschärfung des Konflikts.

Kermani sagte, Drohungen der USA würden den Iran nicht daran hindern, wie geplant an diesem Sonntag sein Uran so hoch wie notwendig anzureichern. »Das bedeutet jedoch nicht, dass wir eine Atombombe wollen, denn die brauchen wir nicht, und außerdem sind die gegen islamische Vorschriften«, fügte der Ajatollah nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna hinzu.

Kermani und andere Prediger bei den Gebeten haben zwar keine politischen Funktionen, gelten aber als Stimmungsmacher, besonders innerhalb der iranischen Hardliner.

TRUMP Die USA hatten die Führung in Teheran jüngst eindringlich vor der angedrohten Urananreicherung gewarnt. »Sie wissen, womit sie spielen, und ich denke, sie spielen mit Feuer«, hatte Trump am Montag im Weißen Haus gesagt.

In Europa wächst die Sorge vor einer neuen Flüchtlingskrise.

Kommenden Mittwoch soll auf Antrag der USA der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton teilte am Freitag auf Twitter mit, dabei solle es um die »unerlaubten Nuklearaktivitäten des Irans gehen. Der Iran muss unter Druck gesetzt werden, seine nuklearen Ambitionen aufzugeben.«

FLÜCHTLINGE Asselborn warnte eindringlich vor den möglichen Folgen für Europa einer Verschärfung des Konflikts. »Sollte die Situation zwischen Washington und Teheran weiter eskalieren, so besteht die Gefahr, dass drei Millionen Afghanen, die in dem Land leben, den Iran verlassen«, sagte Asselborn der »Welt am Sonntag«.

Die meisten von ihnen würden dann voraussichtlich wegen der Sicherheitslage nicht nach Afghanistan zurückkehren, sondern in die Türkei und dann nach Europa fliehen, fügte der Minister hinzu. »Es besteht das Risiko einer riesigen Flüchtlingswelle, die Europa vor große Herausforderungen stellt.«  dpa/ja

Georg M. Hafner

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