Alexander Van der Bellen

»Israel muss in Frieden leben können«

Österreichs Bundespräsident Van der Bellen (M.) in der Halle der Erinnerung in Yad Vashem Foto: dpa

Israel hält laut Österreichs Präsidenten Alexander Van der Bellen am Boykott von Regierungsvertretern der rechten FPÖ fest. Dies sagte Van der Bellen am Montag nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA vor Journalisten in Jerusalem.

Zuvor hatte er sich mit Israels Präsident Reuven Rivlin getroffen. Van der Bellen besuchte am Montagvormittag auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

ANTISEMITISMUS Israel boykottiert die FPÖ-Minister mit Verweis auf die »antisemitischen Wurzeln« der Partei seit Amtsantritt der Regierung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Ende 2017. Judenfeindliche Vorfälle in den Reihen der FPÖ belasteten das Verhältnis zusätzlich.

Van der Bellen hatte sich zuletzt bei Rivlin dafür eingesetzt, zumindest mit der parteilosen Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. Kneissl wurde von der FPÖ nominiert.

»Meine Bitte ist schlicht, die Außenministerin als eine Art Sonderfall zu betrachten«, sagte Van der Bellen nach dem Treffen mit Rivlin. Derzeit sei die Lage aber »wenig erfolgversprechend«. Israel werde die Causa weiter prüfen. »Vor den Wahlen wird gar nichts passieren«, so Van der Bellen.

Van der Bellen hatte sich dafür eingesetzt, zumindest mit Außenministerin Kneissl Kontakte zu pflegen.

Und weiter: »Ich habe es ja schon im Herbst bei einem Kurzbesuch mit Präsident Rivlin besprochen. Ich fand dort keinerlei Resonanz für meinen Wunsch, zumindest mit Außenministerin Karin Kneissl Kontakte zu pflegen. Ich werde es versuchen, mache mir aber keine Illusionen.«

»Auch damals nach der schwarz-blauen Regierung hat es drei Jahre gedauert, bis volle diplomatische Beziehungen wieder aufgenommen wurden. Wir werden es anschneiden, aber es wird wahrscheinlich für den Moment erfolglos sein«, betonte der österreichische Bundespräsident.

EXISTENZRECHT Zu Österreichs Rolle während der NS-Zeit sagte Van der Bellen: »Ich weiß nicht genau, was das Wort Staatsräson in diesem Zusammenhang bedeutet, aber die Verantwortung Österreichs angesichts der Jahre 1938 bis 1945 steht, glaube ich, fest. Das Existenzrecht Israels muss vollkommen unbestritten sein. Wir werden uns immer dafür einsetzen, und wir werden gute Freunde bleiben und sein.«

Zu Österreichs Rolle während der NS-Zeit äußerte sich Van der Bellen unmissverständlich.

»Zehntausende jüdische Österreichinnen und Österreicher wurden vom Naziregime ermordet – und noch mehr wurden vertrieben. Viele Vertriebene fanden hier in Israel eine neue Heimat. Sie bauten das Land auf und verteidigten es in mehreren Kriegen. Lassen Sie mich unmissverständlich sagen: Österreich ist mitverantwortlich für die Schoa«, so Van der Bellen weiter. »Viele Österreicherinnen und Österreicher waren unter den Täterinnen und Tätern. Darum verbeugen wir uns in Demut vor den Opfern. Zu dieser Mitverantwortung hat sich Österreich erst spät, sehr spät bekannt. Das hat unser Verhältnis lange Zeit schwierig gemacht.«

Zu dem immer stärker werdenden Judenhass in Europa äußerte sich Van der Bellen ebenfalls sehr deutlich: »Die Schoa war der grausame Höhepunkt. Es darf daher keine Toleranz gegenüber Antisemitismus geben.« Das Ziel seines Landes sei es, dass jüdisches Leben überall, ob in Israel, ob in Europa oder sonstwo, sicher und unbehelligt möglich ist. »Das ist unsere Verantwortung. Das sind wir den Opfern der Schoa schuldig. Israel muss in Frieden leben können. Das ist in Österreich Konsens und ein nationales Anliegen.«

Van der Bellen trifft am Dienstag mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zusammen, wie dessen Büro mitteilte.  ja/dpa

Holocaust

Charlotte Knobloch: Erinnerung darf niemals abreißen

Vor genau 90 Jahren waren die ersten Gefangenen ins KZ Dachau verschleppt worden

 22.03.2023

Justizreform in Israel

Ein Gebet für Jerusalem

Europäisch-jüdischer Kongress und Rabbinerkonferenz rufen für Mittwoch zur Einheit auf

 22.03.2023

Nahost

Israels Schreckensszenario?

China vermittelt ein Abkommen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien – zum Ärger des jüdischen Staates

von Sabine Brandes  21.03.2023

Antisemitismus

Kothaufen-Emoji als Antwort

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert von Twitter einen sachlichen Umgang mit Anfragen

 21.03.2023

Italien

Empörung nach antisemitischen Vorfällen bei Römer Derby

Der Verein Lazio Rom verurteilte »jegliche diskriminierende, rassistische oder antisemitischen Kundgebungen«

 21.03.2023

Diplomatie

»Deutschland und Israel bleiben enge Verbündete«

CDU-Chef Friedrich Merz trifft Israels Oppositionsführer Yair Lapid

von Sara Lemel  20.03.2023

TV-Tipp

Die dunklen Seiten der sozialen Netzwerke

Wenn Rechtspopulisten und Staatsgegner Regierungsviertel und -gebäude stürmen, dann bereiten sie dies meist über soziale Netzwerke vor. Eine ARD-Doku zeigt, wie gefährlich diese inzwischen für die Demokratie sein können

von Wolfgang Wittenburg  20.03.2023

Menschenhass

Romani Rose: Juden und Roma waren stets Sündenböcke

Es gebe wieder ein Erstarken von Antisemitismus und Antiziganismus, so der Vorsitzende des Zentralrats

 20.03.2023

Nahost

Huwara: Israelisches Anschlagsopfer außer Lebensgefahr

Es war der zweite palästinensische Terroranschlag innerhalb kurzer Zeit

von Sabine Brandes  20.03.2023