Geschichte

Historiker: Demjanjuk nicht mit »absoluter Sicherheit« identifiziert

John Demjanjuk (München 2011) Foto: dpa

Auf jetzt aufgetauchten Fotos aus dem Vernichtungslager Sobibor handelt es sich nach Angaben der Forschungsstelle Ludwigsburg entgegen einer früheren Mitteilung nicht mit »absoluter Gewissheit« um den NS-Täter Iwan Demjanjuk. Es sei zwar »wahrscheinlich«, dass 2 der rund 350 Bilder aus der Sammlung des stellvertretenden Lagerkommandanten Johannes Niemann Demjanjuk zeigten, sagte der Historiker und wissenschaftliche Leiter der Forschungsstelle Martin Cüppers am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Eine vollständige Sicherheit gebe es aber nicht. Zunächst hatte »Der Tagesspiegel« berichtet.

Das Münchner Landgericht hatte den 2011 als John Demjanjuk aus den USA ausgelieferten Ukrainer wegen Beihilfe zum Mord an 28 060 Juden zu fünf Jahren Haft verurteilt. Demjanjuk hatte bis zu seinem Tod im März 2012 nicht zugegeben, Aufseher in Sobibor gewesen zu sein.

Das Berliner Dokumentationszentrum Topographie des Terrors hatte in einer Einladung zur Präsentation der Fotos am 28. Januar erklärt, bei den Fotos handele sich um Demjanjuk. In der Mittelung hieß es: »Die Bilder geben detaillierte Einblicke in das Vernichtungslager Sobibor und zeigen erstmals auch den 2011 in München verurteilten Trawniki-Mann Iwan Demjanjuk auf dem Lagergelände im deutsch besetzten Polen.«

Ein Sprecher erklärte dazu am Montag, diese Formulierung gehe auf eine gemeinsame Absprache aller Projektbeteiligten, dem Bildungswerk Stanislaw Hantz und der NS-Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart zurück. In einer erneuten Einladung zur Vorstellung der Fotos werde das Wort »wahrscheinlich« in Bezug auf die Identität Demjanjuks ergänzt.

Cüppers betonte, es werde ohnehin nicht dem Thema gerecht, wenn der Blick ausschließlich auf Demjanjuk gerichtet werde. Zur Sammlung gehören Hunderte weitere Bilder zur Ermordung der Juden in dem von Deutschland besetzten Polen. Die Bilder böten bisher unbekannte Einblicke in die nationalsozialistischen Massenverbrechen.

Das Urteil gegen Demjanjuk wurde nie rechtskräftig, weil er starb, bevor über die von Verteidigung und Staatsanwaltschaft beantragte Revision entschieden war.  dpa

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Ahmad Mansour gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025