Prozess

Gil Ofarim gesteht

Gil Ofarim beim letzten Prozesstag am 28. November Foto: picture alliance/dpa

Prozess

Gil Ofarim gesteht

Der Sänger legte überraschend ein Geständnis ab

 28.11.2023 11:59 Uhr Aktualisiert

Gil Ofarim hat den Antisemitismus-Skandal um seine Davidstern-Kette im Leipziger Westin Hotel erfunden. »Die Vorwürfe treffen zu«, gestand der Musiker heute überraschend vor Gericht.

Das Verfahren gegen Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung ist damit eingestellt worden. Der 41-Jährige muss einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 Euro zahlen, sagte am Dienstag der Vorsitzende Richter am Landgericht Leipzig. »Die Beweislage war schwierig«, teilte Strafverteidiger Alexander Stevens nach dem Prozess mit.

Die 10.000 Euro sollen offenbar der Jüdischen Gemeinde zu Leipzig und dem Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz zukommen.

Ofarim hatte im Oktober 2021 ein Video vor dem Eingang des Westins auf Instagram veröffentlicht. Darin behauptete er den Tränen nahe, er sei an der Rezeption vom Hotelmanager Markus W. abgewiesen worden, weil er eine Kette mit Davidstern getragen habe. Der Manager würde ihn erst einchecken lassen, wenn er die Kette wegstecke, log Ofarim in dem Video.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelte erst gegen Markus W., kam aber dann zu der Einschätzung, dass sich der Vorfall nicht so zugetragen hat. Das Verfahren gegen den Hotelmanager wurde eingestellt, kurz darauf eines gegen Ofarim eröffnet.

Ofarim entschuldigt sich bei Hotelmanager Markus W.

Markus W. hatte zu Prozessbeginn geschildert, wie der Antisemitismus-Vorwurf gegen ihn sein Leben verändert habe. Bereits am 5. Oktober habe er eine Morddrohung über seine Geschäftsmail erhalten. Er hätte sich kaum auf die Arbeit konzentrieren können, sei schließlich nach Hause gefahren, und wenig später an einen »sicheren Ort« gebracht worden, erzählt er.

Das Hotel habe einen schwarzen Van organisiert, der ihn und seine Partnerin abgeholt habe. Bevor er einstieg, habe W. noch seinen Namen von der Klingel abgerissen. Lange habe er im Westin ohne Namensschild gearbeitet, bevor er das Hotel wechselte. Er werde nervös, wenn es um das Thema gehe. Manchmal könne er nicht schlafen.

Zu dem Hotelmanager, der als Nebenkläger auftritt, sagte der Musiker am Dienstag: »Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid.« Das Video habe er gelöscht. Markus W. nahm Ofarims Entschuldigung an.

Zentralrat kommentiert Fall

Kurz nach der Entschuldigung äußerte sich der Zentralrat der Juden zu dem Fall. »Zwei Jahre lang hat Gil Ofarim Mitarbeiter eines Leipziger Hotels des Antisemitismus beschuldigt. Nun hat er gestanden, dass er gelogen hat«, so die jüdische Dachorganisation.

»Damit hat Gil Ofarim all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt. Neben der Öffentlichkeit hat er auch die jüdische Gemeinschaft belogen«, hieß es in einer Mitteilung des Zentralrats. In der Gesellschaft gebe es ein Antisemitismus-Problem. Viele Juden seien gerade »in der jetzigen aufgeheizten gesellschaftlichen Situation verunsichert« und erlebten Judenhass und Ablehnung.

Es sei richtig, bei einem Antisemitismusvorwurf auf der Seite des Betroffenen zu stehen, ihm beizustehen und die Antisemitismuserfahrung zunächst nicht in Frage zu stellen. Umgekehrt darf so ein Vorwurf niemals grundlos erhoben werden. Und das ist hier leider passiert.

»Wir verurteilen das Verhalten von Gil Ofarim. Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen«, erklärte der Zentralrat der Juden.

Hotelmanager äußert sich

Der Hotelmanager ist derweil nach Angaben seines Anwalts froh, dass »die Wahrheit ans Licht gebracht werden konnte.« Details zu der Höhe des Schadensersatzes nannte Rechtsanwalt Daniel Bäumgärtner am Dienstag am Landgericht Leipzig nicht: »Wir sind soweit mit dem Abschluss zufrieden und dabei bleibt es auch«, erklärte Baumgartner. »Was Besseres hätte uns nicht passieren können.« ja

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025