Einspruch

Gewähr bei Fuß

Plötzlich wollen es alle schon immer gewusst haben: Dass der Westen jahrzehntelang einen Diktator wie Hosni Mubarak stützte, konnte nur im Desaster enden. Doch so fatal das Festhalten an dem Autokraten im Namen einer zum Fetisch erhobenen »Stabilität« war – es ist wohlfeil, jetzt so zu tun, als habe es dafür gar keine rationalen Gründe gegeben.

Gaza Das ägyptische Regime gewährleistete, dass die stärkste Militärmacht Arabiens einen »kalten Frieden« mit Israel einhielt und ein großer, womöglich gar atomar eskalierender, Nahostkrieg vermieden wurde. Weit und breit finden sich bis heute in der arabischen Welt keine anderen maßgeblichen Kräfte – auch keine »säkularen« –, die zur Anerkennung des jüdischen Staates bereit wären. Wer immer im Ägypten nach Mubarak Einfluss gewinnen wird, eine baldige Öffnung der Grenze zu Gaza und eine stärkere Unterstützung von Hamas und Hisbollah scheint sicher. Und ob ein Ägypten in ungewissem Umbruch weiterhin die gefährlichste Despotie des Nahen Ostens, die Islamische Republik Iran, eindämmen kann, ist zweifelhaft.

Der Preis dafür, Mubarak bei Laune zu halten, war für den Westen freilich hoch. Das Regime des Autokraten schürte im Inneren Antiamerikanismus und paranoiden Hass gegen Israel, um von seinen Schandtaten gegen die eigene Bevölkerung abzulenken. Dieses Gift wird Mubaraks Herrschaft noch lange überdauern. Selbst wenn sich die Sorge als unbegründet erweisen sollte, Islamisten könnten die ägyptische Freiheitsbewegung hijacken – dass sich ein demokratisches Ägypten gegenüber Israel aufgeschlossener zeigen würde als die alten Mächte des arabischen Nationalismus, gehört wohl ins Reich der Illusionen.

Und doch bieten nur freiheitliche Verhältnisse den arabischen Gesellschaften auf lange Sicht die Chance, jene irrationalen Hassideologien zu überwinden, mit denen sie unter der Dunstglocke der Despotie kontaminiert wurden.

Der Autor ist Politischer Korrespondent der »Welt« und der »Welt am Sonntag«.

Bundestagswahl

Yad-Vashem-Leiter: Regierungsbeteiligung der AfD wäre Schande für Deutschland

Das beste Mittel gegen die AfD sei Bildung

 24.01.2025

Essay

Jede einzelne Geisel, die nach Hause zurückkehrt, steht für unser aller Überleben

Das Versprechen »Sicherheit« konnte Israel am 7. Oktober nicht halten. Umso wichtiger ist nun das Versprechen »Nie wieder wehrlos«

von Esther Schapira  24.01.2025

USA

Nach Hitlergruß-ähnlicher Geste: Musk legt mit Nazi-Wortspiel noch mal nach

Die Menschenrechtsorganisation Anti-Defamation League reagiert mit klaren Worten

 23.01.2025

Auschwitz-Gedenken

Kanzler Scholz: Ausgrenzung von Juden heute ist empörend und beschämend

Vor 80 Jahren wurden das KZ Auschwitz befreit. Bundeskanzler Scholz nutzt den Anlass, Antisemitismus zu verurteilen. Jeder einzelne sei aufgefordert, gegen judenfeindliche Handlungen anzugehen

von Birgit Wilke  23.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  23.01.2025 Aktualisiert

Washington D.C.

Trump-Gesandter sieht Nahen Osten am »Wendepunkt«

Der Nahost-Gesandte des neuen Präsidenten betrachtet die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas als »unglaubliche Chance für die Region« und finanziellen Profit. Wird ein historisches Abkommen nun erweitert?

 23.01.2025

Berlin

Klein: Migranten müssen unser Verhältnis zu Israel begreifen

Der Bundesbeauftragte für den Kampf gegen Antisemitismus spricht über Erinnerungskultur in der Migrationsgesellschaft und den Krieg in Gaza

 23.01.2025

Umfrage

Jeder zehnte junge Erwachsene hat den Begriff Holocaust noch nie gehört

80 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz wird die Aufklärung über die Schoa noch komplizierter. Eine Umfrage der Jewish Claims Conference zeigt Wissenslücken und eine große Sorge

 23.01.2025

Berlin

Weidel, Wagenknecht und ihr Hitler-Streit im TV 

BSW-Chefin Wagenknecht und AfD-Chefin Weidel treffen erneut im Fernsehstudio aufeinander – und schenken sich dieses Mal nichts. Es wird dabei ziemlich persönlich

von Jörg Ratzsch  22.01.2025