Die 1948 gegründete Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) will sich verstärkt mit ihrer Geschichte auseinandersetzen. Diesem Prozess wolle sich ihre Organisation offen stellen, sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Freitag in einer Online-Pressekonferenz zur Präsentation einer Studie zur NS-Vergangenheit der Gewerkschaft.
STUDIE Die Auftragsuntersuchung des Leipziger Historikers Jörn-Michael Goll sei die Grundlage für ein tieferes Verständnis der Entwicklung der Gewerkschaft wie auch für den öffentlichen Diskurs heute. Geplant sind neben einer Veranstaltungsreihe weitere Studien, unter anderem über die GEW in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren.
Die Studie wirft den Angaben zufolge auch ein Licht auf die Geschichte der Vorläuferorganisationen in der Weimarer Republik, auf die NS-Zeit und auf die Reorganisation der Interessensvertretung der Lehrkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg.
VORLÄUFER Die Gründergeneration der GEW habe den Anspruch gehabt, die Gewerkschaft zur größten Interessensorganisation für Lehrkräfte in Deutschland zu entwickeln, sagte Goll. Die verschiedenen Vorläufer wie etwa der im Kaiserreich gegründete Deutsche Lehrerverein waren in der NS-Zeit im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) aufgegangen.
Dem NSLB gehörten laut Goll 97 Prozent aller Lehrerinnen und Lehrer an. Das bedeute aber nicht, dass alle der nationalsozialistischen Weltanschauung nahestanden. Vielmehr hätten sie sich angepasst und dabei die »oft verbrecherischen Maßnahmen des Regimes« akzeptiert.
Heute hat die GEW rund 280.500 Mitglieder. Davon sind fast 190.000 Lehrkräfte. epd