Berlin

Gericht beim Zentralrat rügt Jüdische Gemeinde

In der Kritik: Gideon Joffe, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Berlin Foto: picture alliance/dpa

Das Gericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland hat der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro auferlegt und eine Rüge ausgesprochen. Weitere Sanktionen könnten folgen. So berichtet es der Berliner Rechtsanwalt Nathan Gelbart.

Der Hintergrund: Die Wahl zur Repräsentantenversammlung am Sonntag wurde entgegen einer Anordnung des zuständigen Gerichts beim Zentralrat nach der neuen, hoch umstrittenen Wahlordnung durchgeführt.

Im Juli hatte das Gericht beim Zentralrat festgestellt, dass die erst Ende Mai 2023 beschlossene Wahlordnung der Berliner Gemeinde aus mehreren Gründen nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sei.

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Das Gericht hatte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin auferlegt, entweder die Wahl bis zur Entscheidung des Gerichts zu verschieben oder sie auf der Grundlage der alten Wahlordnung von 2011 die Wahl durchzuführen.

Der Zentralrat erklärte nun nach der Wahl am Sonntagabend, er erkenne die Wahl des neuen Gemeindeparlaments in der Jüdischen Gemeinde nicht an. Die ehemalige Gemeindechefin Lala Süsskind kündigte an, sie werde die Wahl anzufechten. Sie wird von Nathan Gelbart vertreten.

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Unterdessen plant die Jüdische Gemeinde zu Berlin trotz einer möglichen juristischen Auseinandersetzung und entgegen dem Urteil des Gerichts beim Zentralrat die konstituierende Sitzung ihrer neuen Repräsentantenversammlung für Ende September. Dabei dürfte Gideon Joffe erneut zum Vorsitzenden gewählt werden.

Der 51-Jährige, der seit 2012 als Vorsitzender amtiert, erhielt bei der Wahl mit 911 Stimmen die größte Zustimmung. Alle 17 gewählten Kandidaten gehören seinem Bündnis KOACH! an.

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Die Gemeindeleitung unter Joffe hatte die Wahl trotz massiver Proteste abgehalten. Auslöser waren Klagen gegen die neue Wahlordnung, die unter anderem eine Altersbegrenzung der Kandidaten vorschreibt. Demnach gilt für Kandidaten eine Altersgrenze von 70 Jahren, wenn sie nicht schon vorher Mitglied eines Gremiums waren.

Überdies dürfen Kandidaten keinen anderen jüdischen Organisationen wie beispielsweise dem Zentralrat der Juden oder dem Sportclub Makkabi angehören. Zudem soll es nur noch eine Briefwahl geben. Gideon Joffe und dem Rest der Gemeindeführung werden deshalb fundamentale Verstöße gegen demokratische Prinzipien vorgeworfen. Die Wahl wurde von der Opposition boykottiert.

Die Zusammensetzung des neuen Gemeindeparlaments wurde in der neuen Wahlordnung von 21 auf 17 Mitgliedern verringert. Die Wahlbeteiligung lag laut der Pressestelle der Gemeinde bei 18 Prozent, von den 7233 Wahlberechtigten hätten sich 1288 an der Briefwahl beteiligt, hieß es.

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Am Montag sagte Joffe in einem Interview mit der Gemeindezeitung »Jüdisches Berlin«: »Wir halten uns nicht an den Zentralrat.« Die Entscheidungen des Schiedsgerichts der Jüdischen Gemeinde Berlin seien für ihn bindend. Dies »verbietet uns, einen vorläufigen Beschluss des unzuständigen Zentralratsgerichts zu befolgen.« Das Urteil des eigenen Schiedsgerichts sei hingegen endgültig.

Ferner betont Joffe: »Ich garantiere und gebe Brief und Siegel drauf, dass Tikkun und der Zentralrat ganz sicher keine Wahlwiederholung wollen. Das ist einfach wieder so eine unseriöse Krawallforderung.« Weiter heißt es: »Tikkun und der Zentralrat bluffen, wenn sie jetzt nach Wahlwiederholung rufen.«

Das Gericht beim Zentralrat hält sich derweil weitere Sanktionen gegen die Gemeinde offen. So könnte das Gericht dem Präsidium des Zentralrats empfehlen, die Mitgliedschaft der Jüdischen Gemeinde zu Berlin in den Gremien des Zentralrats für die Dauer von bis zu zwei Jahren auszusetzen.

Nathan Gelbart meint, dass der Berliner Senat verpflichtet sei, sich zu den Vorwürfen gegen die Berliner Gemeinde zu Wort zu melden, denn er würde die Gemeinde mit fast 15 Millionen Euro im Jahr unterstützen. Bisher sehe er aber bloß ein »öffentliches Achselzucken«. Damit lasse der Senat fast 8000 diskriminierte jüdische Berliner im Stich.

Gelbart brachte am Dienstag im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Auseinandersetzung vor einem weltlichen Gericht verhandelt wird. »Nur ein Gericht, das über echte Vollstreckungsmittel verfüge, kann eine auch durchsetzbare Entscheidung herbeiführen«, so der Anwalt.

Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen teilte die Jüdische Gemeinde zu Berlin mit: »Das Gericht des Zentralrat hat eine rechtswidrige Situation geschaffen. Ihm liegt das Urteil des Schiedsgerichts bei der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vor. Aus diesem ist eindeutig zu lesen, dass das Zentralratsgericht grundlegende Rechtsprinzipien fundamental verletzt. Der Vorstand bedauert, dass die Akzeptanz des Zentralratsgericht bei anderen Jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik durch solche Fehlurteile massiven Schaden nimmt.«

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