Mit dem Wegfall der Corona-Beschränkungen haben im vergangenen Jahr viele Gedenkstätten, die an die Verbrechen und Opfer des Nationalsozialismus erinnern, wieder mehr Besucher verzeichnet.
Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den
Einrichtungen ergab, stieg die Zahl interessierter Einzelpersonen und
Gruppen 2022 stark an.
Das Niveau der Besucherzahlen aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 wurde aber meist noch nicht wieder erreicht. Ausnahme ist das Berliner Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, das 2022 mehr als zwei Millionen Besucher und damit einen neuen Rekord registrierte.
Die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen zählte im vergangenen Jahr nach
eigenen Angaben 355.000 Besucher. Das waren mehr als dreimal so viele
wie 2021, aber nur halb so viele wie im Jahr 2019 vor der Corona-Pandemie. Die Gedenkstätte im früheren nationalsozialistischen
Konzentrationslager Bergen-Belsen in Niedersachsen, in dem die durch
ihr Tagebuch bekannt gewordene Anne Frank starb, besuchten nach
Worten einer Sprecherin 2022 rund 195.000 Menschen, 2021 waren es
110.000 Gäste.
Die Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora bei Weimar konnte noch
keine konkreten Zahlen für das vergangene Jahr nennen. In der KZ-Gedenkstätte Dachau bei München wird zwar nicht jeder einzelne
Besucher gezählt, die Einrichtung verbuchte aber nach eigenen Angaben
für 2022 eine Verdreifachung bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
an Bildungsangeboten von rund 29.000 im Vorjahr auf knapp 90.000.
Dort spürt man nach Angaben einer Sprecherin einen Nachholeffekt: Die
Buchungen für Bildungsangebote liegen in diesem Jahr bereits mehr als
40 Prozent über dem Niveau des Vorjahrs.
Die Stiftung Hamburger Gedenkstätten, zu der die KZ-Gedenkstätte
Neuengamme gehört, zählte rund 108.000 Besucherinnen und Besucher.
Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin besuchten wieder mehr
als 50.000 Menschen, 2021 waren es nur rund 17.500 Gäste. Auch in
allen anderen Bundesländern meldeten Gedenkstätten und
Erinnerungsorte, die über die Verbrechen der Nazis informieren, einen
deutlichen Anstieg der Besucherzahlen im vergangenen Jahr.
Zumindest in den ersten Monaten 2022 gab es in den Gedenkstätten
noch Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Wie die Träger
mitteilten, wurden unter anderem Gruppengrößen reduziert, Führungen
nur im Außenbereich abgehalten, auf Zeitzeugengespräche verzichtet
oder auf Online-Angebote ausgewichen. Mit dem Wegfall der
Beschränkungen gehen die Gedenkstätten davon aus, dass spätestens im
kommenden Jahr wieder so viele Besucher in die Gedenk- und
Bildungsstätten kommen wie vor der Pandemie.
Bei der Frage nach rechtsextrem motivierten Vorfällen an oder in
Gedenkstätten antworteten die meisten Träger, dass es 2022 keine
nennenswerten Vorfälle gegeben habe. Vereinzelt wurde von
Schmierereien, die NS-Symbole oder Führungspersonen des Regimes
verherrlichten, berichtet. Die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen meldete
zudem »unangemessene Äußerungen bei Führungen«. epd