Internet

Gedenkstätten müssen sich Kampf gegen Desinformation im Netz stellen

Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Deutschlands Mahnmale sollten noch stärker als bisher gegen Falschinformation im Internet vorgehen. Diese Ansicht vertritt der Buchenwald-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner. Man müsse dem Halbwissen und der Desinformation im Netz »so etwas wie eine quellengesättigte, fundierte Auseinandersetzung mit der Geschichte entgegensetzen«, sagte Wagner der Deutschen Presse-Agentur.

Es gebe eine Radikalisierung im Internet, die dazu beigetragen habe, dass sich antisemitische Verschwörungslegenden so rasant verbreiteten. Wagner räumte ein, dass auch ihn die starke Wiederkehr des »klassischen Antisemitismus« mit der Behauptung einer »jüdischen Weltverschwörung« überrascht habe.

Pandemieleugnung »In Deutschland haben wir in den letzten zwei Jahren eine starke Zunahme des Antisemitismus gemerkt - im Zusammenhang mit der Pandemieleugnung und entsprechenden Verschwörungslegenden.« Diese Entwicklung erfülle ihn mit Sorge.

Holocaustleugner hätten vor 20 Jahren noch Bücher geschrieben, die von Kleinstverlagen herausgebracht worden seien. »Aber das hat nicht die große Masse erreicht. Mittlerweile kann ich so etwas im Netz posten und es verbreitet sich viral.« Es sei eine große Herausforderung, dass Wissensvermittlung und Meinungsbildung heutzutage vor allem im digitalen Raum stattfinde.

Für Gedenkstätten bedeute dies, dass sie nicht gute Bildungsarbeit vor Ort machen müssten, sondern auch im digitalen Raum stärker präsent sein sollten. Dazu gehörten digitale Bildungsformate.

Quellen Das sei aber nicht alles. »Wir wollen der Fake History mit seriöser und quellengestützter Arbeit entgegenwirken.« Dafür müssten historische Quellen zunehmend digital aufbereitet und im Internet zugänglich gemacht werden.

»Ich sehe unsere Aufgabe auch im Sinne der geschichtspolitischen Intervention«, betonte Wagner. Als Beispiel nannte er Äußerungen des früheren Bundesverfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, der bei Twitter behauptet hatte, Stoßrichtung der »treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum« sei ein »eliminatorischer Rassismus gegen Weiße«.

Gedenkstättenleiter Wagner sagte dazu jüngst dieser Zeitung, Maaßens Position sei als »klassische rechtsextreme Schuldumkehr« einzuordnen. Seine Reaktion auf Maaßens Äußerung sei eine »geschichtspolitische Intervention« gewesen: »Ich fühle mich immer dann gefordert, wenn NS-Verbrechen relativiert werden und Geschichtsrevisionismus betrieben wird.« dpa/ja

Konferenz

Vertreter jüdischer Organisationen tagen in Berlin

Auf dem »Fifth Summit of European Jewish Leaders« wird auch der israelische Diaspora-Minister Amichai Chikli erwartet

von Imanuel Marcus  23.03.2023

90. Jahrestag

Ermächtigungsgesetz war »Totenschein der ersten deutschen Demokratie«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt vor »einer Politik der Lügen« und ruft zu gegenseitigem Respekt auf

 23.03.2023

Diplomatie

Nein, danke

Warum die Regierung in Jerusalem vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zurzeit nichts wissen will

von Michael Thaidigsman  23.03.2023

Einspruch

Als Jüdin im Visier

Andrea M. Jarach sieht bei der italienischen Regierung eine Mitschuld an der Hetze gegen die Politikerin Elly Schlein

von Andrea M. Jarach  23.03.2023

Auschwitz Komitee

Twitter von antisemitischem Hass befreien

Es sei eine »alarmierende und bedrohliche Entwicklung«, dass sich dort judenfeindliche Hetze häuft

 23.03.2023

Meinung

An der Seite Israels

Trotz aller Kritik an der aktuellen Regierungspolitik: Jüdinnen und Juden stehen zum jüdischen Staat

von Josef Schuster  23.03.2023

FU Berlin

Knochenfunde werden beerdigt

Ein Teil der Gebeine könnte von Opfern nationalsozialistischer Verbrechen stammen

 22.03.2023

Erinnerung

Nach Verbot: Förderverein Buchenwald richtet sich neu aus

Eine Gästeführung zu Orten der NS-Geschichte in Weimar wird nun entwickelt

 22.03.2023

Erinnerung

Söder: »Im KZ Dachau ging jede Form von Menschlichkeit verloren«

»Der Schrecken breitete sich wie ein grausamer Prototyp aus«, so der Ministerpräsident

 22.03.2023