Gedenken

Gedenken an erste Deportationen aus Berlin am »Gleis 17«

Vom Bahnhof Grunewald fuhren ab Oktober 1941 Deportationszüge in Richtung Osten. Foto: Uwe Steinert

Mit Aufrufen zur Solidarität mit Jüdinnen und Juden ist am Mittwoch in Berlin an die ersten Deportationen aus Berlin nach Osteuropa vor 82 Jahren erinnert worden. Das Gedenken war überschattet vom Terror der Hamas mit mehr als 1.400 Toten in Israel und Jubelszenen darüber auf Pro-Palästina-Kundgebungen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte am Mahnmal »Gleis 17« in Berlin-Grunewald vor mehr als 100 Menschen, zur Verantwortung aus der Geschichte gehöre es, als Deutsche solidarisch an der Seite Israels zu stehen und klar zu bekennen, »dass jüdisches Leben zu uns in Deutschland gehört«.

Der Jubel über den Hamas-Terror sei unerträglich und durch nichts zu rechtfertigen, sagte Woidke. Er sprach von Bildern der Schande: »Hier an diesem Bahnhof wird uns vor Augen geführt, wohin Ausgrenzung, Entrechtung und Rassenwahn führten - in den systematischen Völkermord an über sechs Millionen Jüdinnen und Juden.« Die Verbrechen der Nationalsozialisten müssten deshalb immer wieder in Erinnerung gerufen werden.

Mit Blick auf den eskalierten Konflikt im Nahen Osten sagte Woidke: »Der Hass auf Israel, der Hass auf Menschen jüdischen Glaubens, besteht weiter.« Allen Bemühungen für ein friedliches Zusammenleben in der Region sei durch den Angriff der Hamas extremer Schaden zugefügt worden.

An der Veranstaltung nahmen unter anderem Schülerinnen und Schüler der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule aus Berlin-Moabit teil. Sie erinnerten an jüdische Lehrer und Schüler der Vorgängerschule. Unter den Gästen waren auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und die Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Bahar Haghanipour (Grüne).

»Hier an diesem Bahnhof wird uns vor Augen geführt, wohin Ausgrenzung, Entrechtung und Rassenwahn führten - in den systematischen Völkermord an über sechs Millionen Jüdinnen und Juden.«

Dietmar Woidke
10.000 Juden wurden am Gleis 17 deportiert

Am 18. Oktober 1941 startete vom Gleis 17 des damaligen Güterbahnhofs Grunewald aus der erste sogenannte Ost-Transport mit mehr als 1.000 Jüdinnen und Juden. Ziel war das Ghetto von Litzmannstadt (Lodz) südwestlich von Warschau. Bis zum Frühjahr 1942 wurden von dem Bahnhof in dem noblen Villenviertel aus ungefähr 10.000 deutsche Juden in Arbeits- und Konzentrationslager deportiert und größtenteils ermordet. Weitere 30.000 der insgesamt über 50.000 Berliner Jüdinnen und Juden wurden vom Güterbahnhof Moabit und knapp 10.000 vom Anhalter Bahnhof deportiert.

Veranstalter des Gedenkens ist seit 2011 die Ständige Konferenz der NS-Gedenkorte im Berliner Raum. Die Initiative dazu kam von der Schriftstellerin und Holocaust-Überlebenden Inge Deutschkron (1922-2022). Die Deutsche Bahn richtete 1998 das Mahnmal »Gleis 17« ein.

Der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel, verwies auf die aktuell steigende Zahl antisemitischer Angriffe in Berlin. Dies sei ein beängstigendes Zeichen. Jeder habe die Pflicht, Antisemitismus entschieden entgegenzutreten, sagte der Historiker.

Rabbiner Chaim Michael Biberfeld von der Israelitischen Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) in Berlin, sagte, Jüdinnen und Juden seien unter den Nationalsozialisten vor den Augen ihrer Mitbürger in den Tod geschickt worden. Auch heute sei der Antisemitismus nicht verschwunden. Juden müssten auf der Hut sein. epd

Meinung

Francesca Albanese: Auf antisemitischen Abwegen

Bei der Italienerin handelt es sich nicht um eine ausgewogene, faire und objektive Fachfrau, sondern um eine flammende Judenhasserin

von Daniel Neumann  16.06.2024

SPD

»Maßstäbe verrutscht«

Michael Roth über Israel, den Krieg gegen den Terror und die unterschiedlichen Positionen dazu in seiner Partei

von Detlef David Kauschke  15.06.2024

Parteien

Sahra Wagenknechts BSW und ihr Verhältnis zur AfD

Aussagen zum Umgang mit der AfD sind der Auslöser für den Rücktritt des Co-Vorsitzenden des saarländischen Landesverbandes der Wagenknecht-Partei. Es folgt eine Reaktion aus Berlin

von Christian Schultz  15.06.2024

Nach Hitler-Bild im WhatsApp-Status: Gericht widerruft Aufenthaltsrecht

 14.06.2024

Islamistische Szene

Niedersachsen verbietet salafistischen Verein

Durchsuchungen in Braunschweig und Berlin

von Helen Hoffmann  14.06.2024

Staatsgewalt

Krieg in Nahost als Herausforderung für deutsche Justiz und Polizei

Seit dem terroristischen Überfall der Hamas am 7. Oktober häufen sich in Deutschland die Anzeigen wegen mutmaßlicher antisemitischer Straftaten

von Anne-Beatrice Clasmann  14.06.2024

Mannheim

Anklage wegen Volksverhetzung gegen Musiker Xavier Naidoo

Staatsanwaltschaft wirft dem Popstar unter anderem Holocaustleugnung vor. Seine Rechtsanwälte weisen das zurück

von Tatjana Bojic  14.06.2024

Hamas-Sprecher

»Niemand weiß, wie viele Geiseln noch leben«

Möglicherweise ist ein Großteil der rund 120 Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten werden, nicht mehr am Leben

 14.06.2024

Israel

Auf nützliche Idioten in Politik und Medien kann die Hamas sich verlassen

Eine Kommentar von Michael Wolffsohn

von Michael Wolffsohn  14.06.2024