Nach der umstrittenen Beisetzung eines Neonazis im früheren Grab eines jüdischstämmigen Musikwissenschaftlers in Stahnsdorf bei Berlin schließt die Erinnerungsbeauftragte der evangelischen Landeskirche, Marion Gardei, auch eine Änderung der Friedhofsordnung nicht aus.
Die Totenruhe und die Grabkultur müsse vor neonazistischen Angriffen auf jüdisch-christliches Denken sowie vor gewaltverherrlichenden Aufmärschen vor prominenten Nazigräbern »mit allen uns von der Friedhofsordnung zur Verfügung stehenden Mitteln« geschützt werden, erklärte Gardei in einem Gastbeitrag für die in Berlin erscheinende Wochenzeitung »Die Kirche« (Ausgabe vom 24. Oktober). »Und wenn diese nicht ausreichen, müssen wir sie ändern«, so die Erinnerungsbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).
Erneut nannte Gardei die Vergabe der 1980 aufgegebenen und damit für eine Neubelegung zur Verfügung stehenden Grabstelle von Max Friedlaender (1852-1934) einen Fehler. Es sei unerträglich, dass auf dem Grab Friedlaenders Kränze mit nazihaften Parolen und Farben abgelegt wurden. Auch wenn es in der Bibel den sehr humanen Grundsatz gebe, selbst den Feind ordentlich zu bestatten, bedeute dies nicht, dass Menschen mit neonazistischer Ideologie gerade auf evangelischen Friedhöfen beigesetzt werden müssten, erklärte die Theologin.
In Friedlaenders früherem Grab auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf war am 15. Oktober die Urne eines Neonazis und Holocaustleugners bestattet worden. Die Landeskirche will jetzt unter anderem mit einem Gedenkort das Andenken an Friedlaender wachhalten. epd