Berlin

Frank-Walter Steinmeier empfängt Lahav Shapira

Der Student Lahav Shapira, der Anfrag Februar von einem Judenhasser verprügelt und schwer verletzt wurde, nahm an dem Runden Tisch teil. Foto: Gregor Zielke

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mehr Aufmerksamkeit für die Opfer politisch motivierter Gewalt und weniger Beachtung der Täter verlangt. Häufig konzentriere sich die öffentliche Aufmerksamkeit allzu sehr auf die Täter, kritisierte er bei einem Runden Tisch zu politisch motivierter Gewalt im Schloss Bellevue in Berlin. »Die Opfer werden von der großen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen oder schnell wieder vergessen.«

Astrid Passin, die Sprecherin der Hinterbliebenen und Betroffenen des islamistischen Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2016, sagte, oft gerieten zurückliegende Anschläge aus der Erinnerung. »Man hat das Gefühl, dass viele Betroffene wortwörtlich in der Versenkung verschwunden sind.« Dabei blieben die Probleme wie etwa Versorgungsfragen. Die Rechte der Opfer müssten mehr in den Vordergrund gerückt werden.

»Politische Gewalt ist in der Demokratie niemals ein legitimes Mittel«, betonte Steinmeier. Dies müsse Konsens in unserer Gesellschaft sein. »Es ist notwendig, dass wir diesen Konsens neu bekräftigen. Denn politisch motivierte Gewalt ist alltäglicher in Deutschland geworden, und – ebenso schlimm, finde ich – auch die Akzeptanz von politischer Gewalt nimmt zu.«

Extreme Rechte

Der Europa-Abgeordnete Matthias Ecke, der im Mai beim Plakatieren für den Wahlkampf zusammengeschlagen worden war, ging davon aus, dass es nicht einfach sein wird, diesen Grundkonsens wieder herzustellen. Denn es gebe politische Akteure, die von einem Klima der Gewalt profitierten.

»Wir haben es mit politischen Polarisierungs-Unternehmern zu tun«, sagte der SPD-Politiker. Vor allem die extreme Rechte stelle dieses Klima her. Sie habe auch noch eine hohe Zustimmung, wie gerade die Wahlen in Ostdeutschland gezeigt hätten. »Deswegen wird es ein schweres Ringen um die Wiederherstellung dieses Konsenses.«

Aggressives Klima

Irmgard Braun-Lübcke, die Witwe des 2019 von einem Rechtsextremisten getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, zeigte sich tief besorgt über die Verrohung der Sprache und das aggressive Klima in der politischen Auseinandersetzung. Durch Polemik, Polarisierung und Diffamierung sei es fast nicht mehr möglich, Lösungen zu finden. »Und da müssen wir ganz entschieden entgegentreten.«

Steinmeier warnte, dass politische Gewalt die Grundregeln der Demokratie auslösche. »Politische Gewalt zerstört Demokratie. Das passiert nicht über Nacht. Der Weg dahin ist schleichend.« Niemand dürfe bei dieser Entwicklung tatenlos bleiben. »Eine Gesellschaft, in der sich politische Gewalt ausbreitet und die dabei schweigend zuschaut, ist bald keine demokratische mehr.« dpa

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza/Westjordanland

Umfrage: Mehr als die Hälfte der Palästinenser befürwortet die Massaker vom 7. Oktober 2023

Klare Mehrheit der Palästinenser zudem gegen Entwaffnung der Hamas

 21.12.2025

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025