Josef Schuster

»Es muss sich etwas ändern in Deutschland«

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden Foto: picture alliance/dpa

Zentralratspräsident Josef Schuster drängt die neue Bundesregierung, das teils beschädigte Verhältnis zur jüdischen Gemeinschaft zu reparieren. Nötig sei dafür eine ernsthafte Analyse, sagte Schuster der Deutschen Presse-Agentur. 

»Es muss sich etwas ändern in Deutschland«, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden. »Hochschulen sind immer noch Orte der Angst für jüdische Studierende, die Kulturpolitik hat immer noch kein wirksames Mittel gegen die Förderung von Antisemitismus gefunden, und die Indifferenz der außenpolitischen Praxis der Bundesrepublik ist weiterhin erschreckend.«

Lesen Sie auch

Schuster äußerte sich vor dem Erscheinen seines Buchs Etwas ist aus den Fugen geraten in diesem Land an diesem Montag. Darin zieht er eineinhalb Jahre nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel eine bittere Bilanz für die Juden in Deutschland. »Wir haben das Potenzial des Radikalen in der deutschen Gesellschaft gesehen. Die Wogen mögen sich zuweilen glätten. Doch wer sagt uns, dass es nicht wieder losgeht.«

Die Terrororganisation Hamas hatte beim Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 etwa 1200 Menschen umgebracht und etwa 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte mit Luftangriffen und einer Bodenoffensive. In Deutschland nahmen Anfeindungen und Angriffe gegen Juden und gegen Israel gerichtete Demonstrationen danach stark zu.

Judenhass sichtbarer

Schusters Buch ist eine Sammlung seiner Aufsätze und Interviews in den Monaten danach. Der dpa sagte er dazu: »Mit dem 7. Oktober 2023 in Israel und dem Terror der Hamas haben wir das größte Pogrom an Juden seit der Schoah erlebt. Auch in Deutschland führte das Morden der Terroristen zu einer Zäsur.« 

Das Hamas-Massaker habe Judenhass sichtbarer gemacht, sagte Schuster. Gleichzeitig werde die Art und Weise, wie Deutschland an den Holocaust erinnere, infrage gestellt. »Das sind keine unabhängigen Phänomene, sondern sie überlagern sich«, sagte Schuster. 

Muslimische und islamistische Antisemiten könnten an die »Schuldkult«-Propaganda der Rechtsextremen und die »postkoloniale Verirrung« der Linken anknüpfen. »Wir müssen das erkennen, wenn wir Antisemitismus in Deutschland wirksam bekämpfen wollen.«

Lammert: Solidaritätsadressen sind leicht

Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) schreibt im Vorwort zu Schusters Buch: »Dass zu meinen Lebzeiten in Deutschland
wieder Wohnungen und Häuser jüdischer Mitbürger mit Davidsternen
markiert und Brandsätze auf Synagogen geworfen werden, hätte ich mir bis vor Kurzem nicht vorstellen können.« Jubel auf deutschen Straßen für tödliche Angriffe auf Israel seien abscheulich und nicht zu rechtfertigen. 

Er könne die Verunsicherung und Enttäuschung der Juden in Deutschland gut verstehen, schreibt Lammert. »Solidaritätsadressen sind leicht formuliert, aber schwer umzusetzen. Der Realitätstest findet im Alltag statt. Jetzt und hier.« dpa

Das Buch «Etwas ist aus den Fugen geraten in diesem Land» erscheint am 7. April im Herder-Verlag.

Potsdam

Brandenburg: Ja zum Existenzrecht Israels künftig Bedingung zur Einbürgerung

Die Entscheidung der Landesregierung gilt seit Juni dieses Jahres

 18.07.2025

Berlin

Wo die Intifada globalisiert und gegen Zionisten gehetzt wird

Ein Augenzeugenbericht über einen merkwürdigen Abend an der Freien Universität, der mit einem Hausverbot endete

von Alon David  18.07.2025

Meinung

Kein Mensch interessiert sich für den AStA, aber vielleicht sollte man es

An der FU Berlin berieten Studenten darüber, wie man die Intifada globalisieren könnte. Darüber kann man lachen, doch den radikalen Israelfeinden steht der Marsch durch die Institutionen noch bevor

von Noam Petri  18.07.2025

Medien

»Besonders perfide«

Israels Botschafter wirft ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann Aktivismus vor. Die Hintergründe

 18.07.2025

Analyse

Inszenierung des angeblich Unpolitischen

Im Prozess von Lahav Shapira gegen Burak Y. versuchte die Verteidigung, so zu tun, als hätte die Nötigung des jüdischen Studenten nichts mit dem Nahost-Konflikt zu tun. Doch Burak Y. selbst unterlief diese Strategie

von Ruben Gerczikow  18.07.2025

Berlin

Israelisches Restaurant verschiebt wegen israelfeindlicher Proteste Eröffnung

»Ein Restaurant zu eröffnen, sollte eine fröhliche Feier sein«, so die Betreiber. Unter den aktuellen Umständen sei es »kaum möglich, diese Freude zu spüren«

 18.07.2025

Washington D.C.

Trump will Veröffentlichung einiger Epstein-Unterlagen

Der amerikanische Präsident lässt sich selten unter Druck setzen. Doch im Fall Epstein reagiert er nun. Ob das seinen Anhängern reicht?

 18.07.2025

Flandern

Gericht verbietet Transit von Militärgut für Israel

Der Hafen in Antwerpen ist einer der größten Europas. Einer Gerichtsentscheidung zufolge dürfen Schiffe, die von dort aus in den einzigen jüdischen Staat fahren, kein Militärgut mehr mitnehmen

 18.07.2025

Regierung

Warum Friedrich Merz Angela Merkel erst zum 100. Geburtstag öffentlich gratulieren will

Alte Rivalität rostet nicht? Als der Bundeskanzler in Großbritannien auf das Verhältnis zu seiner Vorvorgängerin angesprochen wird, reagiert er schlagfertig

 17.07.2025