Gedenken

»Es geschah mitten im deutschen Alltag«

Gedenken am Gleis 17 in Berlin-Grunewald Foto: dpa

Am 80. Jahrestag hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an den Beginn der nationalsozialistischen Deportationen der Berliner Juden erinnert. An der Gedenkstätte »Gleis 17« in Berlin-Grunewald rief er am Montag dazu auf, »das Leiden und Sterben der Opfer genauso wie die Untaten der Henker und ihrer Helfer« nicht zu vergessen.

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Vom Bahnhof Grunewald aus habe der »Weg in die Vernichtung« in Ghettos und Konzentrationslagern im Osten Europas begonnen - wie vom Anhalter Bahnhof und dem Güterbahnhof Moabit für rund 50.000 Juden, die nicht aus Deutschland fliehen konnten, so der Bundespräsident.

»Viele haben mitgemacht, viele haben das Verbrechen bürokratisch exekutiert, viele haben davon auch profitiert«, betonte Steinmeier mit Blick auf die nichtjüdischen Deutschen. Sie hatten von den zurückgelassenen Gütern, Häusern, Wohnungen und Möbeln sowie freigewordenen Arbeitsstellen von Juden in der Regel bedenkenlos profitiert.

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Der Bundespräsident mahnte, sich beim Gedenken der Vergangenheit bewusst zu sein, dass Juden »immer wieder und immer stärker antisemitischen Hetzreden und antisemitischen Angriffen ausgesetzt sind«. Die Erinnerung an das vergangene Unrecht habe auch den Sinn, »unseren gesellschaftlichen und politischen Willen zu stärken, dem Antisemitismus die Stirn zu bieten«. Nie wieder dürfe Judenhass einen Platz in unserer Gesellschaft haben, betonte Steinmeier. Nie wieder dürfen antisemitisches Denken und Handeln ohne Widerspruch und öffentliche Reaktionen bleiben.

»Achtzig Jahre sind eine lange Zeit, mehr als zwei Generationen – und doch berührt uns alle, die wir hier sind, dieses Geschehen immer noch ganz unmittelbar«, betonte Steinmeier. »Unter uns sind Menschen, deren Angehörige, Eltern oder Großeltern, von hier aus in den Tod transportiert wurden.«

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Und weiter: »Noch immer tragen wir Deutschen an der Schuld, die Täter, Helfer, Unterstützer des planmäßigen Mordes an den europäischen Juden auf sich geladen haben. Noch immer verspüren wir die Scham darüber, dass Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der Mitte der Gesellschaft ausgesondert wurden: schikaniert, entrechtet, enteignet – und schließlich auf die Fahrt in den Tod geschickt. An deren Ende waren sie aus Schwäche oder Hunger gestorben oder wurden erschossen oder vergast. Ihre Leiber wurden in Massengräbern verscharrt oder verbrannt. ›Ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng‹, wie es in der Todesfuge Paul Celans heißt. Keine Spur sollte mehr bleiben, kein Name, keine Erinnerung.«

Erschütternde Tatsache sei, dass sich das Verbrechen vor aller Augen ereignet habe. »Das Ausgrenzen und das Abholen geschah mitten im deutschen Alltag, das ist die grausame Wahrheit - wenn auch die eigentliche Ermordung und Vernichtung in den eroberten und besetzten Gebieten im Osten stattfand.«

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) beklagte ein Erstarken von menschenverachtendem und demokratiefeindlichem Gedankengut. Freiheit, Toleranz und Demokratie seien keine Selbstverständlichkeiten sondern müssten ständig verteidigt und notfalls von neuem erkämpft werden.

Die unfassbare Dimension des Verbrechens der Deportationen habe nicht erst mit der Abfahrt des ersten Zuges begonnen, sondern mit der Wahl von Adolf Hitler zum Reichskanzler von 1933, mahnte Müller. Hitler habe den in der Gesellschaft vorhandenen Antisemitismus aufgenommen und zu seiner politischen Agenda gemacht.

Die Deutsche Bahn richtete 1998 das Mahnmal »Gleis 17« am Berliner S-Bahnhof Grunewald ein. Es soll an die Rolle der ehemaligen Reichsbahn erinnern, die im Oktober 1941 mit Deportationszügen deutscher Juden in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager begonnen hatte. Der erste sogenannte Berliner »Osttransport« verließ den Bahnhof Grunewald mit 1.089 Menschen in Richtung des Ghettos Litzmannstadt (Lodz). kna/ja/epd/dpa

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