Wissenschaft

»Eine gewisse Singularität«

Michael Brenner Foto: Jeff Watts

Wissenschaft

»Eine gewisse Singularität«

Michael Brenner über 20 Jahre Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität München

von Ingo Way  04.07.2017 10:44 Uhr

Herr Brenner, Sie feiern am heutigen Donnerstag das 20-jährige Bestehen Ihres Lehrstuhls für Jüdische Geschichte und Kultur. Wie kam es damals zu dessen Einrichtung?
Es gab Bemühungen innerhalb der Ludwig-Maximilians-Universität München schon seit den 80er-Jahren. Es wurde zunächst eine Gastprofessur eingerichtet. Mitte der 90er gab es dann noch einmal einen Vorstoß und auch einen Spender, der eine Anschubfinanzierung initiierte – woraufhin das Land Bayern und die Universität bereit waren, diesen Lehrstuhl einzurichten. 1997 fing dann die Arbeit an.

War das damals nicht ziemlich einzigartig in der deutschen Wissenschaftslandschaft?
Das kann man sagen, ja. In gewissem Sinn ist es bis heute der einzige Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur an einem historischen Seminar. Sowohl das Dubnow-Institut in Leipzig als auch das Mendelssohn-Zentrum in Potsdam sind An-Institute, nicht direkte Lehrstühle an der Universität. In diesem Sinne besteht eine gewisse Singularität weiter.

Wie sieht die Bilanz der ersten 20 Jahre aus?
Die Studenten und Doktoranden, die einen Abschluss bei uns gemacht haben, sind heute in Europa, den USA und sogar in Afrika tätig und tragen ihr Wissen weiter. Zahlenmäßig viel mehr sind diejenigen, die nur ein bisschen hineinschnuppern und später als Lehrer, Journalisten oder in anderen Berufen zumindest ein Grundwissen an jüdischer Geschichte haben.

Worauf sind Sie besonders stolz?
Wenn ich zwei Dinge hervorheben will, sind das die in Deutschland bisher einzige Professur für mittelalterliche jüdische Geschichte, die vor zehn Jahren hinzukam, und vor zwei Jahren das erste Zentrum für Israel-Studien.

Was sind derzeit die wichtigsten laufenden Forschungsprojekte?
Eines zur Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945 haben wir vor Kurzem abgeschlossen. Zurzeit haben wir ein Forschungsprojekt zur Frankfurter Schule. Ein anderes beschäftigt sich mit Israel, da geht es auch darum, Materialien für die Lehrerfortbildung zu erarbeiten. Und ein drittes Projekt befasst sich mit der jüdischen Geschichte Münchens.

Arbeiten Sie auch mit anderen Instituten im In- und Ausland zusammen?
Ja. Ich bin ja seit einigen Jahren auch an der American University in Washington tätig, das hat den Synergieeffekt gehabt, dass wir in München das Zentrum für Israel-Studien eingerichtet haben. Denn in Washington leite ich das Zentrum für Israel-Studien, das das erste in den USA war. In Israel arbeiten wir eng mit dem Franz-Rosenzweig-Zentrum in Jerusalem zusammen, aber auch mit den Universitäten in Haifa und Tel Aviv.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Einen Wunsch kann ich äußern, das wäre die Einrichtung einer Poetik-Gastprofessur für hebräische Literatur. Da würden wir versuchen, israelische Schriftsteller für ein Semester nach München zu holen. Dafür suchen wir noch private Finanzierung.

Mit dem Professor für Jüdische Geschichte und Kultur an der Uni München sprach Ingo Way.

"Times"-Bericht

London vor Anerkennung eines Staates Palästina

Noch vor anderen Weltmächten könnte Großbritannien die formale Anerkennung eines palästinensischen Staates vollziehen. Die Berichte darüber kommen zu einem heiklen Zeitpunkt

 18.09.2025

München

Auschwitz Komitee: Shani-Ausladung ist »schändlich«

Ein Musikfestival in Gent hat die Münchner Philharmoniker ausgeladen, weil das Verhältnis des israelischen Dirigenten zu seiner Regierung nicht klar sei. Das Auschwitz Komitee kritisiert das

 18.09.2025

Berlin

Hardt: Keine Wirtschaftssanktionen gegen Israel

Der CDU-Außenpolitiker befürwortet Sanktionen gegen »radikale Minister«. Die Anerkennung eines Staates Palästina lehnt er ab

 18.09.2025

Flensburg

Antisemitisches Schild löst Empörung aus

»Juden haben hier Hausverbot!« steht im Schaufenster eines Geschäftes. Aus der Lokalpolitik kamen deutliche Reaktionen

 18.09.2025

Antrittsbesuch

Merz reist nach Madrid: Differenzen in Haltung zu Israel

Insgesamt läuft es gut in den Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien. Bei einem Thema gibt es aktuell aber Streit

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Washington D.C./Jerusalem

Trump und Netanjahu: Zerwürfnis nach Doha-Angriff

Hinter den Kulissen soll der amerikanische Präsident einem Zeitungsbericht zufolge über den israelischen Regierungschef geschimpft haben

 18.09.2025

Doha

Nach Schlag in Katar: Hamas-Anführer gibt TV-Interview

Ghazi Hamad, der als Planer der Massaker vom 7. Oktober gilt, gibt sich als Opfer des »zionistischen Feindes«

 18.09.2025

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025