Interview

»Ein wichtiges Signal«

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über den Gesetzentwurf zur religiösen Beschneidung von Jungen

von Detlef David Kauschke  10.10.2012 17:03 Uhr

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Foto: Andre Zelck

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über den Gesetzentwurf zur religiösen Beschneidung von Jungen

von Detlef David Kauschke  10.10.2012 17:03 Uhr

Frau Ministerin, was bedeutet der vom Kabinett am Mittwoch verabschiedete Gesetzentwurf zur Regelung der Beschneidung in Hinblick auf die Rechtssicherheit?
Der Kabinettsbeschluss ist ein wichtiger Schritt, um die Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Die Bundesregierung hat schnell und entschlossen ein wichtiges Signal gesetzt, damit Beschneidungen auch künftig in Deutschland möglich sind. Jetzt besteht die große Chance, im Bundestag dafür eine breite Mehrheit zu bekommen. Ich werbe um Unterstützung in allen Fraktionen.

Halten Sie es für wahrscheinlich, dass die Beschneidungsfrage dennoch am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht landet?
Im Mittelpunkt sollte die breite gesellschaftliche Unterstützung stehen. Der Rechtfertigungsdruck auf Bürger, die in unserem Land Beschneidungen aus religiösen Gründen befürworten, muss aufhören. Die Regelung ist ausgewogen und berücksichtigt alle Interessen. Dem Gesundheitsschutz des Kindes wird durch die Bindung an die Regeln der ärztlichen Kunst, die davon umfasste angemessene Schmerzbehandlung und das Erfordernis umfassender Aufklärung Rechnung getragen.

Welches waren die strittigen Punkte?
Die Regelung zwingt die Gerichte nicht zu einer Erforschung religiös motivierter Beschneidung – das haben manche anders gesehen. Andere plädierten für eine Regelung im Strafrecht. Wir sind einen anderen Weg gegangen: Die systematische Einordnung in das Personensorgerecht stellt klar, dass eine Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen Jungen im Rahmen des elterlichen Sorgerechts unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.

Welchen Anteil hatten die Verbände und jüdischen Vertreter an dem Entwurf?
Nur durch die intensiven Gespräche mit Vertretern der Religionsgemeinschaften und allen zivilgesellschaftlichen Vertretern kam diese Regelung zustande. Es ist nicht Aufgabe der Regierung, den Religionsgemeinschaften ihre Religionsausübung vorzuschreiben.

Warum setzt der Entwurf nicht bei der Religionsfreiheit an?
Es geht auch um die Legitimität religiös motivierter Lebensweisen in unserer heutigen Gesellschaft. In einer pluralistischen Gesellschaft darf nicht nach religiösen Motiven geforscht werden.

Noch im Juli hatten Sie die Absicht kritisiert, die gesetzliche Absicherung ritueller Beschneidungen schnell umsetzen zu wollen. Ging es jetzt nicht doch recht zügig?
Zu Beginn habe ich gesagt: Dieses Urteil des Landgerichts Köln wird keinen Bestand haben. Nachdem aber immer mehr Ärzte keine Beschneidungen mehr vornehmen wollten, war die Rechtsunsicherheit da. Das ist dann ein Fall für den Gesetzgeber. Dass wir in Deutschland nach der Diskussion im Sommer eine Regelung finden mussten, ist völlig unstrittig. Und wir haben uns bei unseren intensiven Beratungen die nötige Zeit genommen.

Die Fragen an die Bundesjustizministerin stellte Detlef David Kauschke.

Fußball

Trotz Rassismusvorwürfen: Marciniak leitet Finale der  Champions League

Szymon Marciniak bleibt Schiedsrichter des Champions-League-Endspiels. Zuvor war die Teilnahme des Polen an einer Veranstaltung mit judenfeindlichen Hintergrund kritisiert worden. Nun zeigt er Reue

von Doris Heimann  04.06.2023

Plön

Umstrittenes Urteil

Der Mediziner Sucharit Bhakdi wurde vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen – viele finden, zu Unrecht

von Michael Thaidigsmann  02.06.2023

Geschichte

Jenseits der Legende

Vor 50 Jahren besuchte Willy Brandt als erster deutscher Bundeskanzler den Staat Israel. Fakten zu einem Jubiläum

von Michael Wolffsohn  02.06.2023

Einspruch

Niemand muss klatschen

Noam Petri hält den Protest junger Juden gegen Claudia Roth auf der Jewrovision für legitim

von Noam Petri  02.06.2023

Erinnerung

»Vorbehalte überwinden«

Rainer Bonhof über einen Besuch in Bergen-Belsen und die Rolle des Sports beim Schoa-Gedenken

von Michael Thaidigsmann  02.06.2023

Bundeswehr

Zweiter Rabbiner verbeamtet

Shmuel Havlin wird in der Hamburger Außenstelle des Militärrabbinats tätig sein

 02.06.2023 Aktualisiert

Parteien

Umfrage sieht SPD und AfD gleichauf bei 18 Prozent 

Laut ARD ist dies für die AfD der Bestwert in der Sonntagsfrage im »Deutschlandtrend«

 01.06.2023

Fußball

Antisemitische Aussagen: Sportgericht sperrt Hertha-06-Vizepräsident

Ergün Cakir von Oberligist Hertha 06 darf zwei Jahre lang kein Amt in seinem Verein bekleiden. Berlins Antisemitismusbeauftragter begrüßt das Urteil

 02.06.2023 Aktualisiert

Budapest

»Ungarn wird Botschaft nach Jerusalem verlegen«

Israels Außenminister kündigt einen entsprechenden Schritt an, den die ungarische Seite aber (noch) nicht bestätigen wollte

 01.06.2023