Absage

Ehrung von Auschwitz-Überlebender ohne Claudia Roth

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) Foto: picture alliance/dpa

Im Programm der geplanten zweitägigen Tagungsreihe des Philomena-Franz-Forums e.V. anlässlich des 100. Geburtstag der gleichnamigen Auschwitz-Überlebenden in Schloss Eulenbroich im bergischen Rösrath taucht ihr Name noch auf. Die Rede ist von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die am 21. Juli unter anderem mit Romeo Franz, Mitglied des Europäischen Parlaments, Mehmet Gürcan Daimagüler, dem Antiziganismus-Beauftragten der Bundesregierung, sowie Romani Rose, dem Vorsitzenden des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, dort ein Statement hätte verlesen sollen.

Doch wie nun der Spiegel berichtet, wird Claudia Roth nicht erscheinen, um der Musikerin, Tänzerin und Autorin mit der Häftlingsnummer Z 10550, tätowiert auf den linken Unterarm, wie geplant persönlich zu gratulieren. Vor einigen Wochen bereits hatten die Veranstalter eine Absage erhalten, offensichtlich war eine Teilnahme aus terminlichen Gründen auf einmal nicht mehr möglich. Auch hatte ein Sprecher der Kulturstaatsministerin erklärt, dass man das alles zwar sehr bedauere. Eine eindeutige Zusage aber »gab es allerdings zu keinem Zeitpunkt«.

Claudia Roth hat die Chance auf eine Begegnung mit einer Zeitzeugin, deren Biografie wohl einzigartig ist, vertan.

Angeboten habe man stattdessen ein Grußwort. Das wiederum hatte Matthias Buth, Gründer des Philomena-Franz-Forums, laut Spiegel aber »dankend abgelehnt«. Und zwar aus Gründen: »Einer hundertjährigen KZ-Überlebenden muss man schon in die Augen blicken. Diese Chance hat Frau Roth vertan.«

Vertan hat Claudia Roth damit auch die Chance auf eine Begegnung mit einer Zeitzeugin, deren Biografie wohl einzigartig ist. 1922 in Biberach in eine vielköpfige Musikerfamilie hinein geboren, überlebte sie als Tochter eines Sinto-Vaters und Mutter mit jüdischen Vorfahren unter anderem Auschwitz und Ravensbrück. Fünf ihrer sieben Geschwister, die Eltern sowie zahlreiche andere Verwandte wurden dagegen ermordet.

Mut Und Philomena Franz bewies Mut. Anlässlich eines Besuchs von Heinrich Himmler in Auschwitz beispielsweise wurde sie aufgrund ihrer Stimme dafür ausgesucht, vor dem SS-Führer zu singen. »Ich stelle mich also vor Himmler, halte mich an irgendeiner Stange fest und überlege fieberhaft, was ich singen könnte«, erzählt die 99-Jährige in einem Gespräch mit dem Bürgerportal Bergisch Gladbach. Sie entschied sich für »Heimat Deine Sterne«, ein Lied aus dem bekannten Nazi-Streifen »Quax, der Bruchpilot«. Dabei war sie stark erkältet.  »Ich habe meine Wut in den Gesang gelegt und schmetterte zum Schluss das hohe C«. Von Himmler gab es überraschend Beifall für die Darbietung.

»Wir feiern Philomena Franz in Rösrath, wo sie viele Jahre gelebt hat, mit einem poetischen Nachtgebet, einer wissenschaftlichen Tagung und einem Konzert«, heißt es in der Einladung zu der Tagungsreihe des Philomena-Franz-Forums zu Ehren der bald 100-jährigen KZ-Überlebenden. Viele Gäste werden dieser wichtigen Ehrung beiwohnen. Claudia Roth wird wohl nicht darunter sein.

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Gaza

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat nennt Ausladung Shanis »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025

Berlin

Soziale Medien: »TikTok-Intifada« und andere Probleme

Denkfabrik Schalom Aleikum beschäftigt sich auf einer Fachtagung mit Hass im Netz: »Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten«

 11.09.2025

Urteil

Bundesgerichtshof bestätigt Geldstrafen gegen Höcke

Das Landgericht Halle habe in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der AfD-Politiker die verbotene SA-Parole »Alles für Deutschland« und »Alles für« gerufen hat

 11.09.2025

Antisemitismus

Gesetze der Ausgrenzung - Vor 90 Jahren wurden die antijüdischen Nürnberger Gesetze erlassen

Die menschenverachtenden Nürnberger Gesetze bildeten die juristische Legitimation für Entrechtung, Ausgrenzung und Verfolgung von Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Erlassen wurden sie vor 90 Jahren

von Jutta Olschewski  11.09.2025