Altbundespräsident Joachim Gauck plädiert für eine klare Kante im Umgang mit der AfD. Auf die Frage der »Bild«-Zeitung (Montag), ob es sinnvoll sei, die Partei in die Verantwortung zu nehmen, um sie zu entzaubern, antwortete Gauck: »Die richtige Form ist, Nazis Nazis zu nennen, Rechtsbrecher zu bestrafen und in den Knast zu bringen.«
Mit Leuten, die Angst hätten, wohin die Demokratie drifte, weil es zu viel Veränderung gebe, gelte es allerdings, anders zu reden als mit richtigen Demokratiefeinden. »Mit ihnen muss eine inhaltliche Auseinandersetzung geführt werden: Wollen wir wirklich raus aus der EU? Wollen wir wirklich einen Putin-freundlichen Kurs? Wollen wir uns abkoppeln von Amerika? Gleichzeitig müssen Parteien ihrerseits Angebote der Beheimatung für Menschen machen, die wertkonservativ sind.«
Kein Sonderfall
Hart ins Gericht ging das 83-jährige ehemalige Staatsoberhaupt mit dem ein Jahr jüngeren AfD-Politiker Alexander Gauland. »Wissen Sie, ein älterer Deutscher wie ich, im Krieg geboren, ist bei einer Partei, die nationalistisch klingt, natürlich besorgt«, so Gauck. »Also, wenn Fremdenfeindlichkeit geschürt wird, auf nationale Alleingänge gesetzt wird und wenn ein Mann in meinem Alter die Nazizeit mit einem Vogelschiss in der Geschichte vergleicht, dann ist bei mir Schluss. Da habe ich keinerlei Verständnis. Eine solche Partei ist durchaus eine Belastung unserer liberalen, offenen Gesellschaft.«
Zugleich betonte Gauck, dass die AfD kein Sonderfall sei, sondern Populisten sich europaweit auf dem Vormarsch befänden. »Wir sind in einer gesamteuropäischen Entwicklung, in der bis zu einem Drittel der Gesellschaft sich eine autoritäre Führung wünscht und hofft, es möge so sein wie früher. Da sind auch Nazis darunter, aber eben auch Menschen, denen die Welt nicht mehr vertraut und homogen genug ist, sondern zu offen, zu divers, zu problembehaftet, zu krisenbehaftet. Und dann entstehen Ängste vor zu großen Veränderungen wie bei großen Migrationswellen.« kna