Göttingen

»Deutschland ist eine neurotische Nation«

Bassam Tibi, Islam-Forscher Foto: picture alliance / ZB

Die Migrationsdebatte in Deutschland leidet aus Sicht des Politologen Bassam Tibi unter einem Mangel an Vernunft. »Das Land findet wegen seiner NS-Vergangenheit nicht zu einem rationalen Umgang mit Migration. Statt nüchtern und selbstbewusst Regeln und Werte aufzuzeigen und Einwanderung vernünftig zu steuern, lässt man sich von Schuldgefühlen leiten und riskiert den Zusammenhalt des Gemeinwesens«, sagte Tibi, der am Donnerstag seinen 80. Geburtstag begeht, vorab in einem großen kna-Interview.

»Ich nenne Deutschland eine neurotische Nation«, so der emeritierte Professor der Universität Göttingen, der die Migrationsdebatte in Deutschland über Jahre mitgeprägt hat.

Viele verwechselten eine offene Gesellschaft mit offenen Grenzen und grenzenloser Toleranz. Wer die Fehlentwicklungen benenne, gelte schnell als Islamhasser oder Rechtsradikaler, kritisierte Tibi. »Natürlich gibt es Rechtsradikale, und die AfD steht für eine ausgrenzende Identität. Aber eine Verleugnung der eigenen Identität kann auch keine Lösung bei der Inklusion von Zuwanderern sein.«

Lösung von der Scharia

Der deutsche Rechtsstaat arrangiert sich nach Tibis Worten inzwischen mit Polygamie und Kinderehen und nehme es hin, dass Streitigkeiten im Clan-Milieu von Friedensrichtern nach der Scharia geregelt werden. »So kann Integration nicht funktionieren. Aber man scheut sich, die Probleme offensiv anzugehen und versteckt sie hinter Begriffen wie Willkommenskultur und bunte Gesellschaft

Tibi, der 1962 aus Syrien zum Studium nach Frankfurt kam und später als Professor für Internationale Beziehungen in Göttingen sowie unter anderem in Harvard und Princeton lehrte, pocht auf den von ihm geprägten Begriff »Euro-Islam«. Als Reform-Muslim halte er das Konzept eines »Euro-Islam«, der die westliche Werteordnung annimmt, weiterhin für möglich - »und für den einzigen Weg, um Muslime in Europa zu integrieren«.

Dafür müssten sie ihre Religion vom religiösen Gesetz, der Scharia, lösen und den Koran historisch-kritisch lesen. »Alles, was mit Demokratie und Menschenrechten nicht vereinbar ist und andere Glaubensüberzeugungen herabwürdigt, darf keine Geltung haben.«

Allerdings dominiere nicht nur in der islamischen Welt, sondern auch unter Muslimen in Europa ein traditionalistischer »Kopftuchislam«. »Auch weil der Staat wenig tut, um einen liberalen Islam zu fördern.« kna

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025

New York

Antisemitische Äußerungen: Mitglied von Mamdanis Team tritt zurück

Die Tiraden von Catherine Almonte Da Costa sorgen für Entsetzen

 19.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025