Meinung

Den Krieg nicht der Zahal überlassen

Shimon Stein Foto: Gregor Zielke

Man kennt den Satz: Wer aus der Geschichte nicht lernen will, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen. Dieser Satz ist auch dann richtig, wenn man das Wort »Geschichte« durch »Untersuchungsbericht« ersetzt. Vor wenigen Tagen hat der staatliche Ombudsmann Micha Lindenstrauss seinen Report zu den Vorfällen auf der sogenannten Gaza-Hilfsflotte 2010 mit dem Schiff »Mavi Marmara« vorgelegt, bei denen neun Menschen zu Tode kamen.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich offensichtlich entschlossen, die Inhalte des Berichts auszublenden und so zu tun, als sei alles in Ordnung. Doch als besorgter Israeli sieht man, dass es bedauerlicherweise nicht das erste Mal ist, dass Israel erfolglos und im Ergebnis kläglich operiert. Gerade die Art der Entscheidungsfindung, wie der Mavi-Mamara-Einsatz koordiniert wurde, war, milde ausgedrückt, alles andere als optimal.

Desaster Hinzu kommt, dass bis heute niemand bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen, obwohl der Bericht eindeutig vom Ministerpräsidenten und der Militärführung Rechenschaft verlangt. Doch nach dem Desaster will es keiner gewesen sein, und bedauerlicherweise hakt die israelische Öffentlichkeit in diesem Punkt nicht nach; in der nächsten Woche wird ein neuer Bericht des Ombudsmanns behandelt werden, vermutlich wieder ohne Konsequenzen.

Dabei hat dieser Report unter anderem ein Problem zutage gefördert, das in Zukunft, wenn alles so bleibt, für Israel Konsequenzen haben kann: dass nämlich die Vorbereitung solcher Einsätze derzeit allein beim Militär liegt. Das Quasimonopol des israelischen Militärs im Entscheidungsprozess, ohne dass die Institutionen, die die Verantwortung für die politisch-diplomatischen Dimensionen und für die Öffentlichkeitsarbeit tragen, angemessen eingebunden sind, hat zweifelsohne zu dem unerwünschten Ergebnis geführt, das der Bericht jetzt beklagt. Zu den negativen Folgen dieser Operation gehört beispielsweise die deutliche Verschlechterung der israelisch-türkischen Beziehungen.

Es ist die Leichtfertigkeit, mit der Ministerpräsident Netanjahu über diesen Bericht hinweggeht, die Anlass zur Sorge gibt. Die von Israel verantworteten Pannen, die zu dem Desaster auf der Mavi Marmara geführt haben, können sich – wenn niemand aus der Geschichte lernen will – jederzeit wiederholen. Das ist vor dem Hintergrund der Iran-Krise, die für Israel eine ungleich größere Bedrohung darstellt als die damalige Flottille, sehr beunruhigend.

Der Autor war von 2001 bis 2007 Botschafter Israels in Deutschland.

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025