Einspruch

Das Kreuz und der Terror

Rabbiner Andrew Steiman Foto: Marco Limberg

Beim Anschlag auf die Brüsseler Metro in der vergangenen Woche wurde einer Frau ein Bein abgerissen. Schwer verletzt suchte sie nach ihrer Tochter, ehe sie starb. Ein unter Schock stehender weinender Mann sprach später im Fernsehen von der Liebe dieser Mutter und erreichte die Herzen der Welt.

Ob auch das Herz Margot Käßmanns darunter war? Die frühere evangelische Bischöfin hat in »Bild am Sonntag« dazu aufgerufen, Terror mit Gebeten und Liebe zu begegnen. Offensichtlich meint sie eine andere Liebe als die der sterbenden Mutter, deren letzte Sorge ihrem Kind galt. Diese Frau hatte den Terroristen also schon Liebe gezeigt, doch diese wird das nicht beeindruckt haben. Wenigstens in diesen Zeilen soll ihre Erinnerung zum Segen sein. Sie bleibt ein Vorbild an Liebe.

schwert Frau Käßmann jedoch spricht wohl von einer anderen Liebe. Oder von sich. »Als Christin bin ich fest davon überzeugt«, schreibt sie, »dass, wer den Kreislauf der Gewalt durchbricht, am Ende der Mächtigere ist.« Das ist nichts anderes als christlicher Triumphalismus: Mein Glaube ist mächtiger als dein Glaube! Sie setzt noch eins drauf: »Jesus wurde unvergesslich, weil er am Kreuz starb und nicht zum Schwert griff.« Im Umkehrschluss sagt sie damit: Es sind die anderen, die zum Schwert greifen.

Käßmann beruft sich nicht nur auf die christliche Nächsten- und Feindesliebe; auch den Pazifismus eines Mahatma Gandhi bemüht sie – freilich ohne daran zu erinnern, dass Gandhi einst seinen »dear friend« Adolf Hitler bat, den Krieg doch freundlicherweise zu unterlassen. Übrigens hat Gandhi auch alle Briten und auch uns Juden dazu aufgefordert, für Hitler zu beten und sich töten zu lassen – als Zeichen gegen die Gewalt.

Wäre Margot Käßmann in der Brüsseler Metro gewesen, und hätte sie überlebt, vielleicht wäre ihr die Frau aufgefallen, die uns allen echte Liebe zeigte. Vielleicht.

Der Autor ist Rabbiner der Budge-Stiftung in Frankfurt/Main.

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

Essen

Islamist plante Mord an Juden

Der 17-jährige Erjon S., ein kosovarischer Staatsangehöriger, soll aus einer islamistisch-jihadistischen Ideologie heraus gehandelt haben

 15.09.2025

München

Alte Synagoge feiert Wiedereröffnung

Nach jahrelanger Restauration soll die Bauhaus-Synagoge wieder im Glanz von 1931 erstrahlen

 15.09.2025

Madrid

Israelfeindliche Demonstranten blockieren Vuelta á España erneut

60 Kilometer vor dem Ziel steht eine Gruppe von Protestierern mit einem Banner auf der Straße. Das Rennen musste abgebrochen werden

 15.09.2025

Musik

Nach Antisemitismus-Eklat: Bundeskanzler Merz äußert sich zur Ausladung von Lahav Shani

Die Hintergründe

 14.09.2025

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025