Politik

»Dankbar für ein Zeichen«

Gemeinsame Werte: Benjamin Netanjahu (l.) und Joachim Gauck Foto: Flash 90

Am zweiten Tag wurde es richtig politisch. Nach den überwiegend symbolträchtigen Programmpunkten vom Dienstag traf Bundespräsident Joachim Gauck am Mittwoch mit dem Regierungschef Israels, Benjamin Netanjahu, zusammen.

Die Unterredung in Jerusalem dauerte eine Stunde länger als geplant. Gauck betonte dabei die gemeinsamen Werte, denen sich beide Staaten verpflichtet fühlen, er und Netanjahu bekräftigten die stabile wie freundschaftliche Beziehung zwischen Deutschland und Israel.

Dennoch brachte der Gast auch Kritisches zur Siedlungspolitik der Israelis an, die viele als Hindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnen: »Deutschland und Europa wären dankbar für jedes Zeichen in der Siedlungspolitik«, so der Bundespräsident nach Angaben seines Sprechers. Er sähe darin einen Schlüssel für die Ankurbelung der Friedensgespräche mit den Palästinensern.

Staatsräson Gleichzeitig unterstrich er: »Deutschland steht solidarisch auf der Seite Israels.« In Andeutung an den Wirbel, den sein gestriger Kommentar zur Äußerung der Bundeskanzlerin – »die Sicherheit Israels sei Staatsräson« – ausgelöst hatte, erklärte Gauck, dass es verschiedene Worte gebe, um dies auszudrücken. Das ändere nichts an der festen und geschlossenen Unterstützung für den jüdischen Staat. »Das wird immer so sein.«

Bei seinem Besuch im Weizmann-Institut in Rechowot merkte er an, dass die Politik zu wenig an Aufklärung und Vernunft glaube, oft sogar wie eine Schnecke sei, irgendwie versteinert. Die Wissenschaft indes zeige, dass Fortschritt möglich sei. »Aber«, so der Bundespräsident, »Wissen allein rettet die Welt nicht. Wissen ohne Verantwortung – das geht nicht«. Zwar werde es zwischen Deutschland und Israel nie so sein, dass die Vergangenheit keine Rolle spiele, »dennoch gibt es einen ganz normalen und fruchtbaren Austausch in der Wissenschaft«.
?
Am Abend traf Gauck in Jerusalem mit Schoa-Überlebenden zusammen. Zum Abschluss seiner Reise am Donnerstag besucht er Ramallah, wo ein Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geplant ist.

Viele Israelis werteten den Besuch des Bundespräsidenten im Heiligen Land als durchweg positiv. Gauck habe das nötige Feingefühl gezeigt, doch auch »wie ein guter Freund Kritik an der Politik geübt«. Avi Primor, einstiger israelischer Botschafter in Deutschland, meinte im Bayerischen Rundfunk, eine Freundschaft müsse auf Offenheit und Ehrlichkeit beruhen. »Und Bundespräsident Gauck hat den richtigen Ton gefunden.«

Nahost

Netanjahu nach Washington abgereist - Treffen mit Trump 

Der israelische Regierungschef trifft den US-Präsidenten zum dritten Mal in sechs Monaten. Die Beziehungen sind eng. Mit Blick auf den Nahen Osten knüpfen sich an den Besuch große Erwartungen

 06.07.2025

Politik

AfD will im Bundestag »gemäßigt« auftreten

Die rechtsextreme Partei will sich im Parlament weniger krawallig präsentieren und beschließt dafür einen Verhaltenskodex

 06.07.2025

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Meinung

Israel, Iran und das Völkerrecht

Die Präventivschläge Israels gegen das Atomprogramm der Mullahs verstießen nicht gegen das Völkerrecht, sondern waren ebenso notwendig wie angemessen

von Daniel Neumann  06.07.2025

Westjordanland

Kritik nach Angriff auf Deutsche-Welle-Mitarbeiter

Eine Korrespondentin und ein Kameramann wurden am Freitag von radikalen Siedlern mit Steinen beworfen

 06.07.2025

Interview

Antisemitismusforscher: »Seit dem 7. Oktober gibt es eine Mobilisierung gegen Juden«

Günther Jikeli über die Auswirkungen des 7. Oktober 2023 auf die deutsche Gesellschaft, israelfeindliche Proteste an Hochschulen und Defizite in der Wissensvermittlung

von Pascal Beck  06.07.2025

Nuklearprogramm

Atominspektoren der IAEA verlassen den Iran

Nach dem Krieg mit Israel setzt Teheran weiter auf Konfrontation mit der Internationalen Atomenergiebehörde

 05.07.2025

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Meinung

Der falsche Feind

Warum der deutsche Pazifismus blind für die Realitäten in Nahost ist – und deshalb moralisch Schiffbruch erleiden muss

von Mirna Funk  06.07.2025 Aktualisiert