Einspruch

Bombe oder bomben?

Vor Kurzem sorgte ein Artikel von Jeffrey Goldberg in der Zeitschrift »The Atlantic« für Aufregung. Seine These: Israel werde in den nächsten zwölf Monaten die Nuklearanlagen des Iran angreifen.

Realitäten Nun muss man nicht wie der Autor 40 hochrangige Israelis und ebenso viele amerikanische wie arabische Offizielle befragen, um zum Ergebnis zu kommen, dass der Streit um das Atomprogramm in die finale Phase eingetreten ist. Alle bereiten sich darauf vor, dass Teheran entweder bald die Bombe haben wird oder die Israelis den Mullahs dieses Vernichtungsinstrument vorher aus der Hand schlagen. Die Amerikaner verkaufen den Saudis 84 Kampfflugzeuge und den Kuwaitern 209 Patriot-Abwehrbatterien. Die Iraner stellen immer mehr neue Waffen vor, zuletzt eine mit Bomben ausgestattete Langstreckendrohne, die laut Präsident Ahmadinedschad zum »Botschafter des Todes für die Feinde der Menschheit« werden könnte. Und die Europäer, denen es in sieben Jahren nicht gelungen ist, den Iranern auch nur ein Jota ihres Atomprogramms abzuverhandeln, reden sich ein, man könne mit der Bombe schon irgendwie leben. Zwar hinkt der Vergleich mit dem Kalten Krieg, weil der Marxismus der Sowjetunion keine apokalyptische Komponente hatte wie das Mullah-Regime. Aber ob der eigenen Machtlosigkeit neigt Europa dazu, Realitäten schönzureden.

Diesen Luxus kann Israel sich nicht leisten. Netanjahu wird bald die furchtbarste Frage beantworten müssen, der sich ein israelischer Premier je gegenüber sah: mit Irans Bombe leben oder angreifen? Die Folgen beider Alternativen wären verheerend. Schlagen die Israelis zu, werden in der Region auch viele arabische Regierungen aufatmen, in der Öffentlichkeit würde sich jedoch wütendes Protestgeschrei erheben. Das ist zwar Heuchelei, schließlich hatte die Weltgemeinschaft genügend Zeit, genau solch ein Szenario zu verhindern. Tatsache bleibt aber, dass Israel nur verlieren kann. So oder so.

Der Autor ist Ressortleiter Außenpolitik der »Welt« und der »Welt am Sonntag«.

Kommentar

Den Nachkommen der Schoa-Opfer kaltschnäuzig und nassforsch die Leviten gelesen

Ausgerechnet zum 60. Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen kritisiert die ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann die Kriegsführung in Gaza, und das auch noch, ohne die Hamas zu erwähnen

von Esther Schapira  16.05.2025

Nahost-Diplomatie

Medien: Syrien und Israel führen indirekte Gespräche. Trump: »Al-Sharaa ist ein starker Typ«

Der US-Präsident forciert bei seinem Nahostbesuch die Idee weiterer Abraham-Abkommen mit Israel - auch Syrien soll Interesse signalisiert haben

 16.05.2025

Justiz

Ankläger von Weltstrafgericht tritt zurück

Chefankläger Karim Khan wird des sexuellen Missbrauchs beschuldigt

 16.05.2025

Interview

»Es hätte viel kürzer und klarer sein müssen«

Peter Neumann über das AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes, die internationale Debatte darüber und ein mögliches Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei

von Nils Kottmann  16.05.2025

Gedenken

Sinti und Roma erinnern an Widerstand in Auschwitz-Birkenau

An diesem Tag sollte der Lagerabschnitt B II e, das sogenannte »Zigeunerlager«, in dem Tausende von Sinti und Roma inhaftiert waren, aufgelöst und sämtliche Häftlinge in den Gaskammern ermordet werden

 16.05.2025

Interview

»Außenpolitik geht nicht mit Belehrungen«

Der Bundestagsabgeordnete Armin Laschet (CDU) über die Nahostpolitik der neuen Bundesregierung, deutsche Geiseln in Gaza und die Zukunft der Abraham Accords

von Joshua Schultheis  16.05.2025

Berlin

»Die rohe Gewalt der Demonstranten erschüttert mich«

Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, verurteilt Angriffe gegen Polizisten bei israelfeindlicher Kundgebung

von Imanuel Marcus  16.05.2025

Tel Aviv/Ravensburg

Ricarda Louk kämpft für das Andenken an ihre Tochter Shani

Am 7. Oktober 2023 wollte Ricarda Louks Tochter mit anderen jungen Menschen tanzen und feiern – dann kam das Massaker der Hamas. Vor einem Jahr wurde Shanis Leiche gefunden. So geht es ihrer Familie heute

 16.05.2025

Berlin

Polizist von Israelhassern beinahe zu Tode geprügelt – 56 Festnahmen bei »propalästinensischer« Demonstration

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verurteilt die Tat und die bei der Kundgebung verbreitete »antisemitische Hetze«

von Imanuel Marcus  16.05.2025 Aktualisiert