Meinung

Bibi und die Duftkerzen

Rabbiner Walter Rothschild Foto: Mike Minehan

Die Bibel hat nicht viel Gutes über Könige zu sagen: »Vertrauet nicht auf Fürsten«, heißt es in Psalm 146,3. Und auch im 1. Buch Samuel wird vor Geldverschwendung durch Regenten gewarnt: »Eure Felder und eure Weinberge und eure Ölbäume, die schönsten wird er nehmen und seinen Dienern geben ... Und ihr werdet schreien an jenem Tage wegen eures Königs ...«

Das moderne Israel hat zwar keinen Monarchen, aber dafür einen Premier namens Bibi. Nach jüngsten Presseberichten soll der wieder mal Staatsgeld mit vollen Händen verschwendet haben. Ein Skandal! Aber mal ehrlich – ist das eine Überraschung? Alle Regierenden werfen Geld zum Fenster hinaus, von Diktatoren in reichen Ölstaaten bis hin zu – Gott behüte – Synagogenvorständen.

Weil die Summen, die Netanjahu ausgegeben haben soll, in Schekel angegeben werden, scheinen die Zahlen sehr hoch zu sein. Rechnet man aber in Euro, sieht es schon weniger schlimm aus. Als israelischer Steuerzahler würde ich das wohl anders sehen, aber als europäischer Steuerzahler stört mich mehr, dass wir die Paläste, Leibwächter und Partys von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bezahlen.

mikwe Was mich allerdings überrascht, ist, wie dumm Netanjahus Berater sind. Warum haben sie seine Ausgaben nicht vernünftig getarnt? Zum Beispiel fielen 80.000 Schekel Wasserkosten für das private Schwimmbad von Bibi und seiner Frau Sara in Cäsarea an. Na und? Man hätte das nur als Mikwe deklarieren müssen, dann könnte sich keiner beschweren. Oder 7600 Schekel für einen neuen Kühlschrank.

Wen stört’s? Es ist doch bekannt, dass jeder Jude einen Kühlschrank für Milchiges und einen für Fleischiges braucht, und einen dritten für parve (um nicht zu sagen: treife). 6000 Schekel für Duftkerzen, auch das wäre nicht anrüchig, hätte man »Schabbatkerzen« oder »Chanukkakerzen« dazu gesagt.

Catering Angeblich hat Bibi 36.406 Schekel für Catering ausgegeben. Wenn man bedenkt, was koscheres Catering in Deutschland kostet, kann man nur feststellen: Bibi muss einen ehrenamtlichen Maschgiach beschäftigt haben! Und ein Doppelbett im Flugzeug nach Amerika – ist es denn nicht eine Mizwa, mit der Ehefrau zu verkehren? Wenn man dann noch in den »Mile-High Club« kommen kann, eine umso größere – dann ist man als Premier fast schon im Himmel, also näher bei Gott.

Könige sind eben so. Sie geben Geld für Prunk und Protz aus, wie Achaschwerosch in der Megillat Esther. Seien wir also nicht neidisch auf Bibi – und auch nicht auf Sara. Hauptsache, der Verwendungszweck ist koscher. Auch für das Finanzamt.

Der Autor ist Landesrabbiner von Schleswig-Holstein.

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Fall Samir

Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024

Berlin

Große KZ-Gedenkstätten gegen Schüler-Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion hatte sich dafür ausgesprochen

 22.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Nur eine Handvoll Mitglieder zählen die Gemeinden in Kairo und Alexandria heute. Jedoch haben die wenigsten Juden ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden gewaltvoll vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024