Meinung

Bibi, der Literaturkritiker

Sabine Brandes Foto: Marco Limberg

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat Probleme: Neuwahlen stehen vor der Tür, ein Skandal jagt den nächsten, und die jüngste Negativschlagzeile ist immer fetter als die vorherige: Es gab »Bibitours« und »Bottlegate«, einen verpassten Bus, Ellenbogen und andere Peinlichkeiten auf der Antiterrordemonstration in Paris. Seine geplante Rede vor dem US-Kongress schlägt im Vorfeld so hohe Wellen, dass Netanjahu eigentlich gar nichts mehr sagen müsste.

unterhaltung Viel reden, nichts sagen – das scheint derzeit die Devise des Ministerpräsidenten zu sein. Von Vorhaben, Visionen oder einem Programm seiner Likud-Partei ist bisher nichts zu den Wählern durchgedrungen. Netanjahus Sätze drehen sich immer um dasselbe – um ihn. Statt die Bevölkerung mit Inhalten zu überzeugen, sorgt der Regierungschef für Unterhaltung: Der bislang letzte Akt in seinem Wahltheater ist die Einmischung in den Israel-Preis. Jedes Jahr am Unabhängigkeitstag wird die berühmte Auszeichnung in einer großen Zeremonie an die besten Söhne und Töchter des Landes übergeben.

Doch Bibi crasht die Party. Es heißt, dass er die Besetzung der Jury, die die Literaturpreise vergibt, beeinflussen wollte. Daher zogen bekannte Schriftsteller wie David Grossman und Chaim Be’er ihre Nominierungen zurück und wollen von dem einst renommierten Preis zunächst einmal nichts mehr wissen. Dabei muss dem Ministerpräsidenten von Anfang an klar gewesen sein, was passiert, wenn er den nach links tendierenden Literaturbetrieb des Landes provoziert und einige Juroren als »Antizionisten« bezeichnet. Auf Anraten des Generalstaatsanwalts überlegte es Netanjahu sich dann doch anders und zog sein Veto gegen die Besetzung der Jury zurück.

chuzpe Weiter sagte Netanjahu nichts. Das musste er auch nicht, denn er hatte erreicht, was er wollte. Wieder einmal diskutiert das ganze Land darüber, ob sein Verhalten richtig oder falsch war, redet über Literatur und Bibis Chuzpe. Die wahren Unzulänglichkeiten des Regierungschefs bleiben unbeachtet.

In Amerika nennt man vor den Wahlen absichtlich in Umlauf gebrachte Ablenkungsmanöver »spins«. Frei übersetzt heißt das so viel wie »am Rädchen drehen«. In Israel gehen die Werte für Netanjahus Partei Likud nach jeder neuen Affäre in die Höhe. Warum, kann keiner genau erklären. Doch eins ist klar: Bibi dreht am Rad.

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025