Brüssel

Ausstellung mit Schieflage

Am Dienstag wurde die umstrittene Ausstellung im EU-Parlament eröffnet. Foto: Getty Images / istock

Genau 25 Jahre ist es nun her, dass Baruch Goldstein am Grab der Patriarchen in Hebron ein Massaker an 29 Palästinensern verübt hat. Für Javi López, der für die Sozialistische Partei Kataloniens in Brüssel sitzt, Grund genug, die israelische Nichtregierungsorganisation »Breaking the Silence« einzuladen, damit sie in den Räumlichkeiten des EU-Parlaments eine Foto-Ausstellung präsentiert

Zu sehen sind Bilder von israelischen Soldaten, die in Hebron und anderen Orten in den besetzten Gebieten ihren Dienst verrichten. Dabei dreht sich alles darum, wie sie den Palästinensern dort das Leben schwermachen, sie fesseln und ihnen die Augen verbinden oder einfach nur martialisch mit dem Maschinengewehr im Anschlag vor Kindern posieren. Auch fehlen nicht Aufnahmen von rassistischen Graffiti, die Arabern den Tod in nur allen erdenklichen Varianten an den Hals wünschen.

eröffnung Anlässlich der Ausstellungseröffnung am Dienstag erklärte Nadav Weiman, stellvertretender Direktor der Organisation, die 2004 von Veteranen der israelischen Armee gegründet wurde, um Aussagen von IDF-Soldaten über problematische Vorfälle während ihrer Dienstzeit zu sammeln, dass er Breaking the Silence beigetreten sei, um »mein Land zu verteidigen … und um das Ende der Besatzung herbeizuführen, damit Israel so existieren kann, wie es sollte, und sicherzustellen, dass Palästinenser und Israelis das Leben leben können, das sie verdienen«. Die Fotos würden deshalb »die wahre Seite der Besatzung« zeigen, die »auch nach Israel hinein blutet«.

Rhetorisch legte Dean Issacharoff, Sprecher von Breaking the Silence, noch eine Schippe drauf, als er dem Online-Magazin »EUobserver« sagte: »Wenn Goldstein heute leben würde und sehen könnte, was wir als Soldaten alles machen müssen, dann würde er sich gewiss freuen und sich denken, dass er gewonnen hat.«

Vielen Israelis, auch jenen, für die Zahal alles andere als eine heilige Kuh ist, geht diese Radikalität der Kritik deutlich zu weit.

Vielen Israelis, auch jenen, für die Zahal alles andere als eine heilige Kuh ist, geht diese Radikalität der Kritik deutlich zu weit. Zudem stören sie sich daran, dass mehr als 60 Prozent des Etats von Breaking the Silence durch Zuwendungen aus Europa bestritten werden. Es ist diese Verquickung von ausländischen Interessen und innerisraelischen Debatten, die als problematisch betrachtet wird – vor allem auch dann, wenn einige Vorfälle gar nicht so passiert waren, wie von der NGO behauptet. Das jedenfalls belegten Recherchen des israelischen Fernsehens bereits vor zwei Jahren.

gaza In Brüssel meldete sich dann auch eine andere israelische NGO zu Wort, und zwar »Reservists on Duty«. Sie traf sich mit EU-Parlamentariern, um das Bild, das Breaking the Silence zu vermitteln versucht, ein wenig zu korrigieren.  »Wir haben beschlossen, die andere Seite der Geschichte zu zeigen«, erklärt Amit Deri, Major der Reserve und Gründer der NGO. »Zum Beispiel, dass wir in Gaza die Bewohner per SMS warnen, bevor wir irgendwo zuschlagen. Wir sind eine Armee mit hohen moralischen Ansprüchen. Für einige Abgeordnete war das etwas völlig Neues. Sie kannten zuvor nur die Vorwürfe, dass Israel Kriegsverbrechen verüben würde.«

Deri ist über die Einseitigkeit der Ausstellung sehr besorgt: »Wo sind die Hinweise dafür, dass die Hamas die Zivilbevölkerung als menschliches Schutzschild missbraucht?« Auch ist der Terror gegen Israelis quasi nicht existent. Es ist genau diese Art der Komplexitätsreduktion, wie sie Breaking the Silence betreibt, die überall auf Widerspruch stoßen sollte – auch im EU-Parlament.

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  02.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 02.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Altersarmut bleibt«

Aron Schuster über das Ende des Härtefallfonds, Einmalzahlungen und Gerechtigkeit für jüdische Rentner

von Mascha Malburg  02.12.2025

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Berlin

Zentrum für Politische Schönheit errichtet »Walter Lübcke Memorial« vor CDU-Zentrale

Am Freitag soll außerdem eine Gedenkveranstaltung mit Michel Friedman durchgeführt werden

 02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Berlin

Steinmeier erinnert an Stiftungsgründung für NS-Zwangsarbeiter

Im Jahr 2000 gründeten die deutsche Wirtschaft und der Bund nach langem Vorlauf die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Millionen NS-Opfer erhielten zumindest einen symbolischen Betrag

 02.12.2025

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert