Terror

Attentäter gesteht antisemitisches Motiv

Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle wurden auch weitere Synagogen in Deutschland verstärkt gesichert - wie hier in Dresden. Foto: dpa

Terror

Attentäter gesteht antisemitisches Motiv

Der Anschlag von Halle sorgt für Bestürzung weit über Deutschland hinaus. Jetzt gibt es ein Geständnis, das den rechtsextremistisches Verdacht bestätigt

von Anja Semmelroch  10.10.2019 13:43 Uhr

Nach dem Terroranschlag von Halle hat der 27-jährige Stephan B. die Bluttat gestanden und ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv bestätigt. Der Mann habe mehrere Stunden beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am Donnerstagabend ausgesagt, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der Deutsche Presse-Agentur am Freitag in Karlsruhe.

B. sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl legt ihm zweifachen Mord und siebenfachen Mordversuch zur Last. Nach Einschätzung der Ermittler wollte er ein Massaker anrichten und Nachahmer zu ähnlichen Taten anstiften.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der Täter war am Mittwoch festgenommen worden, nachdem vor einer Synagoge in Halle eine 40 Jahre alte Frau und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss ein 20-jähriger Mann erschossen worden waren. Zuvor hatte der Täter vergeblich versucht, die Synagoge mit Waffengewalt zu stürmen. Zu dem Zeitpunkt hielten sich 51 Menschen in der Synagoge auf und feierten das wichtigste jüdische Fest, Jom Kippur.

Die Debatte über Konsequenzen aus der Bluttat läuft inzwischen auf Hochtouren - auch über Deutschland hinaus. Die EU-Kommission rief alle Mitgliedstaaten auf, Synagogen und andere jüdischen Einrichtungen ausreichend zu schützen. Vor der deutschen Botschaft in Brüssel gedachten am Freitag mehr als 100 Menschen bei einer Mahnwache der Opfer von Halle.

Die Debatte über Konsequenzen läuft auf Hochtouren.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer forderte schärfere Sicherheitsgesetze für Deutschland. Die Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste bräuchten die richtigen Instrumente, um solche Straftaten zu bekämpfen. Dazu gehörten längere DNA-Speicherfristen. »Hier wird unser Land und seine Grundordnung von innen angegriffen«, sagte Kramp-Karrenbauer dem Berliner »Tagesspiegel« (Freitag).

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die bereits geplante Reform für eine bessere Bekämpfung des Rechtsextremismus beschleunigen. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) kündigte an, dass sie die Mittel für die Arbeit gegen Antisemitismus aufstocken möchte.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Heftig diskutiert wird auch über Vorwürfe aus der CSU gegen AfD-Politiker, diese würden sich als »geistige Brandstifter« für rechtsextremistische Gewalttaten betätigen. Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen wies die Anschuldigungen zurück und hielt Seehofer sowie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) vor, die Tat parteipolitisch zu instrumentalisieren.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warf der AfD dagegen vor, Stimmung gegen Juden zu machen. »Die AfD hat sehr viele judenfeindliche Positionen«, sagte er im ZDF-»Morgenmagazin«. Als Beispiel nannte er die Forderung nach einem Verbot des rituellen Schächtens.

Heftig diskutiert wird auch über Vorwürfe aus der CSU gegen AfD-Politiker, diese würden sich als »geistige Brandstifter« für rechtsextremistische Gewalttaten betätigen.

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hatte B. bei seinem Angriff auf die Synagoge vier Schusswaffen und mehrere Sprengsätze bei sich. Ermittler fanden in Wohnräumen des Tatverdächtigen einen 3D-Drucker, was den Verdacht untermauert, er habe seine Waffen selbst hergestellt. Nach »Spiegel«- und dpa-Informationen stellten die Ermittler auch eine Festplatte sicher. In einem Zimmer des 27-Jährigen wurden außerdem mehrere Zettel mit der Aufschrift »Niete« gefunden. Die Behörden haben die Vermutung, dass B. mit den Durchsuchungen gerechnet hatte und damit die Polizei verhöhnen wollte.

Ein Bekennervideo in sozialen Netzwerken zeigt den Ablauf der Tat aus der Perspektive des Attentäters - von der vergeblichen Erstürmung der Synagoge über die tödlichen Schüsse bis zur Flucht. Zudem legte der Täter in einem elf Seiten langen »Manifest« seine Gedanken dar. Der Text liest sich stellenweise wie die Anleitung zu einem Computerspiel, in dem Dokument wimmelt es vor antisemitischen Begriffen.

Die Hass-Botschaften sprechen aber nach Einschätzung von Experten - anders als etwa bei dem norwegischen rechtsterroristischen Massenmörder Anders Behring Breivik - nicht für einen komplexen ideologischen Unterbau. Stärker seien die Bezüge zur Gaming-Subkultur - etwa zu dem Spiel »Counter-Strike - Global Offensive«.

Der Bundesrat gedachte der Opfer des Anschlags von Halle mit einer Schweigeminute.

Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen sieht in dem Anschlag eine neuere Form von Rechtsterrorismus. »Wir haben es hier nicht mit dem Standard-Nazi zu tun«, sagte Maaßen dem TV-Sender »Welt«. »Jetzt zu sagen, nach einem derartigen Anschlag, wir müssen mehr gegen Rechtsextremismus, gegen Rechtsterrorismus tun, greift zu kurz.«

Der Bundesrat gedachte der Opfer des Anschlags von Halle mit einer Schweigeminute. Bundesratspräsident Daniel Günther (CDU) forderte Konsequenzen nach der »feigen Tat«. Alle müssten sich fragen, was sie mehr tun könnten, um gegen solchen Hass vorzugehen, sagte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident am Freitag. Jeder sei gefragt, die Verbreitung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu verhindern.

Thüringen

Verfassungsschutzchef warnt vor islamistischen Anschlägen gegen jüdische und israelische Einrichtungen

Kramer: Wir müssen davon ausgehen, dass die Hemmschwelle weiter sinken wird, auch gewalttätig zu werden

 13.06.2025

Gerhard Conrad

»Regime Change im Iran wäre noch wichtiger als die Zerstörung der Atomanlagen«

Der Ex-BND-Geiselunterhändler und Nahostexperte zum israelischen Militärschlag gegen den Iran und die Konsequenzen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  13.06.2025

Gespräch

Beauftragter Klein: Kirche muss Antijudaismus aufarbeiten

Der deutsche Antisemitismusbeauftragte Felix Klein kritisiert die Heiligsprechung des Italieners Carlo Acutis. Ihm geht es um antijüdische Aspekte. Klein äußert sich auch zum christlich-jüdischen Dialog - und zum Papst

von Leticia Witte  13.06.2025

Schlag gegen Iran

Ein notwendiger Schritt

Israel hat alles Recht der Welt, sich gegen das iranische Atomprogramm zu wehren. Teheran darf niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Ein Kommentar von Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  13.06.2025

Angriff auf Iran

Dobrindt hält Israels Angriff für richtig

Die Operationen seien Israels Sicherheit dienlich, sagt der deutsche Innenminister. Die Sicherheitsbehörden wappnen sich für mögliche Folgen in Deutschland

 13.06.2025

Bundesregierung

»Das Ziel muss sein, dass Iran keine Nuklearwaffen entwickelt.«

Regierungssprecher Stefan Kornelius äußerte sich in Berlin zum israelischen Angriff auf Ziele im Iran und dem Recht Israels auf Selbstverteidigung

 13.06.2025

Schlag gegen Iran

Israelische Botschaften geschlossen

Der Krieg zwischen Israel um dem Iran hat Folgen in Berlin und anderen Hauptstädten. Die diplomatischen Vertretungen des jüdischen Staates arbeiten aus Sicherheitsgründen nicht

 13.06.2025

USA

Trump droht Iran mit »noch brutaleren Angriffen«

Nach den Angriffen Israels hat Präsident Donald Trump das Regime in Teheran aufgefordert, jetzt einem neuen Atomdeal zuzustimmen

 13.06.2025

Iran

Kronprinz Pahlavi will Sturz von Chamenei

Reza Pahlavi ruft zu Straßenprotesten und landesweiten Streiks in der Islamischen Republik auf

von Nicole Dreyfus  13.06.2025