Berlin

Anti-Israel-Aktivisten stören Schoa-Gedenken

Foto: Getty Images / istock

Am Vorabend des Holocaust-Gedenktags Jom Haschoa ist eine von der israelischen Botschaft in Deutschland organisierte Online-Diskussion mit einem Holocaust-Überlebenden gestört worden.

Botschafter Jeremy Issacharoff teilte am Dienstagmorgen über Twitter mit, anti-israelische Aktivisten hätten den Vortrag des aus Israel zugeschalteten Tswi Herschel unterbrochen, Bilder von Adolf Hitler gezeigt und antisemitische Slogans gerufen.

Die Veranstaltung auf der Videoplattform Zoom, bei der rund 30 Menschen zugeschaltet waren, musste daraufhin unterbrochen werden. Sie konnte aber kurze Zeit ohne die Störer fortgesetzt werden.

ANZEIGE »Das Gedenken an den Holocaust und die Würde des Überlebenden zu missachten ist mehr als beschämend und schändlich und zeigt die eklatante antisemitische Einstellung der Aktivisten«, schrieb Issacharoff.

Die Veranstaltung war vor wenigen Tagen von der Botschaft via Facebook angekündigt worden und zunächst offen für alle Interessenten. Die Botschaft erwäge nun, Anzeige gegen die Störer zu erstatten, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Video- oder Tonaufnahmen von der Veranstaltung gebe es nicht. Die Berliner Polizei teilte dem »Tagesspiegel« mit, dass unabhängig von einer möglichen Anzeige in der Sache eigene Ermittlungen eingeleitet würden.

Tswi Herschel, der zu der Diskussion zugeschaltet war, wurde 1942 in den von den Nazis besetzten Niederlanden geboren. Seine Eltern wurden im Konzentrationslager Sobibor ermordet, während er von einer protestantischen niederländischen Familie aufgenommen wurde und überlebte.

reaktionen Die Bundesregierung verurteilte die Störung des Gedenkens als »Schande und widerlichen Akt«. Die Regierung drücke sowohl der Botschaft als auch dem beteiligten Zeitzeugen »ihr tiefes Bedauern« aus, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. Die allermeisten Menschen in Deutschland wie auch die Regierung seien fest entschlossen, sich jeder Form von Antisemitismus mit aller Kraft entgegenzustellen. Das Landeskriminalamt Berlin ermittle wegen der Störung.

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas reagierte entsetzt. Er twitterte: »Was für eine bodenlose Respektlosigkeit gegenüber den Überlebenden und dem Gedenken an die Verstorbenen. Das ist eine unbeschreibliche Schande!«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte der Jüdischen Allgemeinen, der Vorfall »bestätigt alle Befürchtungen: Rechtsradikale nutzen die Corona-Krise skrupellos aus, um ihr braunes Gift zu verbreiten. Dabei schrecken sie wie immer nicht davor zurück, das Leiden der Schoa-Überlebenden mit Füßen zu treten und sie erneut zutiefst zu verletzen.«

Schuster wies auf einen ähnlichen Vorfall bei einer Online-Zeremonie der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf hin. »So sehr die staatlichen Ressourcen durch die Pandemie gebunden sind, darf trotzdem der Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht vernachlässigt werden,« forderte der Zentralratspräsident.

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Uwe Becker, sprach von einem antisemitischen Angriff auf israelisches Holocaust-Gedenken. Er kündigte an, Anzeige wegen Volksverhetzung zu stellen: »Wer selbst das Gedenken an die Opfer der Schoa zum Angriff auf jüdisches Leben missbraucht, muss mit aller Härte der Gesetze verfolgt werden.«

https://www.facebook.com/Morasha/photos/pb.1269417636452921.-2207520000../3213964968664835/?type=3&theater

In den vergangenen Wochen ist es laut der amerikanischen Anti-Defamation League häufiger zu ähnlichen Störaktionen (»Zoom-Bombing«) rechtsextremer Aktivisten gekommen. Diese Videoplattform ist gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ein viel genutztes Mittel, um interaktive Veranstaltungen abzuhalten.

GEDENKMINUTE In Israel wurde am Dienstag der nationale Holocaust-Gedenktag Jom Haschoa begangen. Landesweit heulten um 11 Uhr Ortszeit zwei Minuten lang die Sirenen. Menschen, die trotz der Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie unterwegs waren, hielten im Gedenken an die sechs Millionen durch die Nazis ermordeten Juden inne.

75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges leben nach israelischen Regierungsangaben noch 189.500 Überlebende des Holocaust in Israel.  dpa/epd/kna/ja

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025

New York

Antisemitische Äußerungen: Mitglied von Mamdanis Team tritt zurück

Die Tiraden von Catherine Almonte Da Costa sorgen für Entsetzen

 19.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025