Meinung

AfD bei über 50 Prozent

Samuel Salzborn Foto: TU Berlin/Alexander Rentsch

Es gibt viele wissenschaftliche Wege, etwas über Antisemitismus zu erfahren. Das meiste davon lässt sich nicht allein in Zahlen ausdrücken. Aus banalem Grund: Antisemitismus betrifft Weltanschauungen und Verhalten von Menschen – und um das zu kontextualisieren, muss man sich auch genau damit befassen.

Zahlen erklären für sich genommen wenig, manchmal hindern sie sogar daran, die Wirklichkeit zu verstehen. Insofern ist das meiste, was das Institut für Demoskopie Allensbach in seiner jüngsten Studie über Antisemitismus herausgefunden hat, auch mit wenig Erkenntnisgewinn verbunden: In fast allen Parteien finden sich antisemitische Einstellungen bei etwa 15 bis 20 Prozent von deren Anhängern.

realität Das deckt sich mit den Ergebnissen der empirischen Einstellungsforschung der letzten Jahrzehnte und heißt im Klartext: Etwa jeder fünfte Deutsche vertritt Antisemitismus. Wenn die Prozentpunkte in Umfragen mal leicht schwanken, liegt das eher an Mängeln der empirischen Instrumente als an wirklichen Veränderungen. Die antisemitische Realität in Deutschland ist, auf der Einstellungsebene, seit Jahrzehnten dramatisch.

Eine Erkenntnis der Allensbach-Studie ist aber dennoch hervorhebenswert – und bedrohlich, für Jüdinnen und Juden wie für die gesamte Demokratie: Denn jenseits dieser 15 bis 20 Prozent Antisemitismus unter den Anhängern der demokratischen Parteien liegt die Zustimmung bei den Anhängern der AfD bei 55 Prozent – und das zu dem völlig unmissverständlichen antisemitischen Satz: »Juden haben auf der Welt zu viel Einfluss.«

Übersetzt heißt das: Die antisemitischen und geschichtsrevisionistischen Formulierungen der AfD-Parteiführung in Bund und Ländern stoßen auf eine gigantisch hohe antisemitische Zustimmung bei den Parteianhängern. Während in den demokratischen Parteien immer wieder Kräfte auch gegen Antisemitismus agieren, wirkt er in der AfD längst wie ein weltanschaulicher Magnet, der Partei und Anhänger verbindet.

Der Autor ist Gastprofessor für Antisemitismusforschung an der TU Berlin.

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024

Berlin

Große KZ-Gedenkstätten gegen Schüler-Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion hatte sich dafür ausgesprochen

 22.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Nur eine Handvoll Mitglieder zählen die Gemeinden in Kairo und Alexandria heute. Jedoch haben die wenigsten Juden ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden gewaltvoll vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024