»Jerusalemer Erklärung«

Gefährliche Blaupause

Wer Israel schon in seinen Grundprinzipien als kolonialistischen Apartheidstaat mit systematischem Unrecht und Rassismus diffamiert und eine Gleichsetzung des Konfliktes mit den Palästinensern und des Umgangs Nazi-Deutschlands mit den Juden vollzieht, darf sich nun genauso glücklich schätzen wie jene, die Israel gegenüber in anderer Weise maßlos oder unverhältnismäßig argumentieren.

Eine Gruppe von 200 internationalen Wissenschaftlern hat eine »Jerusalemer Erklärung« veröffentlicht, die als Konkretisierung des Antisemitismusbegriffs daherkommt – doch insbesondere für die Gegner des jüdischen Staates einen Freibrief zur geradezu grenzenlosen »Israelkritik« ausstellt.

Beim Nationalkomitee der antisemitischen BDS-Bewegung in Ramallah dürften die Sektkorken genauso geknallt haben wie im rechtsradikalen Parteienspektrum Europas.

LESART Da es nach der Lesart der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner nicht antisemitisch sei, Israel mit anderen historischen Fällen zu vergleichen, darf man also getrost das Foto des Palästinenserjungen neben jenes des jüdischen Jungen vor dessen Deportation in der NS-Zeit stellen, ohne als antisemitisch betrachtet werden zu müssen.

So lange man also nicht das Bild des vermeintlich bösen Juden gebraucht oder die Gesamtheit der jüdischen Israelis nicht als böse bewertet, ist nach dieser Definition so ziemlich jeder Umgang mit Israel möglich, ohne dass dieser als antisemitisch betrachtet werden sollte.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Beim Nationalkomitee der antisemitischen BDS-Bewegung in Ramallah dürften die Sektkorken genauso geknallt haben wie im rechtsradikalen Parteienspektrum Europas. Endlich gibt es für Israelhass auch noch so etwas wie ein Zertifikat.

MISSBRAUCH Auch wenn die Mütter und Väter dieser Erklärung in umgekehrter Absicht zehn von 15 Punkten dem argumentativen Umgang mit Israel gewidmet haben sollten, so macht die Erklärung doch den Eindruck, als wollte man die Schranken der kritischen Auseinandersetzung mit Israel möglichst niedrig halten.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Jene, die aus der IHRA-Definition einen zu restriktiven Umgang mit Kritik gegenüber israelischer Regierungspolitik abgeleitet haben, sind mit ihrem Versuch zur Konkretisierung des Antisemitismusbegriffs gescheitert und haben eine gefährliche Blaupause erstellt, die jene zum Missbrauch einlädt, die schon die Existenz Israels zwischen »River and Sea« ablehnen.

Der Autor ist Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG).

Potsdam

Chronist der neuen Weiblichkeit

Das Museum Barberini zeigt Modiglianis Menschenbilder in neuem Licht

von Sigrid Hoff  25.04.2024

München

Ausstellung zeigt Münchner Juden im Porträt

Bilder von Franz von Lenbach und anderen sind zu sehen

 25.04.2024

Los Angeles

Barbra Streisand: Lovesong als Zeichen gegen Antisemitismus

Für die Serie »The Tattooist of Auschwitz« singt sie das Lied »Love Will Survive«

 25.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024

Immanuel Kant

Aufklärer mit Ressentiments

Obwohl sein Antisemitismus bekannt war, hat in der jüdischen Religionsphilosophie der Moderne kein Autor mehr Wirkung entfaltet

von Christoph Schulte  21.04.2024

TV

Bärbel Schäfer moderiert neuen »Notruf«

Die Autorin hofft, dass die Sendung auch den »echten Helden ein wenig Respekt« verschaffen kann

von Jonas-Erik Schmidt  21.04.2024