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»The Curse«

Szene mit Emma Stone und Nathan Fielder Foto: picture alliance / Everett Collection

So darf man sich wohl das Wohnen der Zukunft vorstellen: Silbern schimmert ein spiegelnder Quader wie ein Kunstobjekt oder ein gestrandetes Raumschiff unter der gleißenden Mittagssonne New Mexikos – ein architektonischer Fremdkörper, der vergebens versucht, ganz in der steppenhaften Umgebung aufzugehen. Das ambitionierte Eigenheimprojekt soll als konsequentes Passivenergiehaus Geschichte schreiben und dabei gleich noch dem wirtschaftlich gebeutelten Española mitsamt seiner über Jahrhunderte systematisch benachteiligten, lateinamerikanischen und indigenen Bevölkerung zu einer besseren Zukunft verhelfen.

Das Konzept der selbst ernannten Weltverbesserer Whitney (Emma Stone) und Asher Siegel (Nathan Fielder) könnte aktualitätsbezogener kaum sein. Doch als beim Dreh ein kleines Mädchen unverhofft einen Fluch ausspricht, gerät Asher in eine Sinnkrise. So ungefähr ließe sich vielleicht der neueste Serien-Streich des kanadischen Comedians, Schauspielers und Regisseurs Nathan Fielder zusammenfassen. Wohl kaum jemand hat die Möglichkeiten des TV-Show-Formats in den vergangenen Jahren so sehr ausgereizt wie er.

Schon seine Pseudo-Reality TV-Show Nathan for You, in der er mit seinem gleichnamigen Alter Ego Kleinunternehmern Businesstipps gab, wandelte sich von Staffel zu Staffel vom peinlichen Cringe Watching zu einer Meta-Mediensatire, in der die Grenzen zwischen Fernseh- und Alltagsrealität immer mehr ineinander verschwimmen. The Rehearsal griff das Konzept lose auf und spitzte es so gekonnt zu, dass man als Zuschauer nur ratlos ob der genialischen, bisweilen geradezu metaphysischen Fallstricke zurückblieb.

In The Curse exerzieren Fielder und Co-Autor Safdie genüsslich die Neurosen ihrer Protagonisten ins Unerträgliche durch: die maskuline Verunsicherung Ashers oder der anmaßende wie hilflose Neid seiner Frau Whitney, auch einer Minorität angehören zu wollen, der die weiße, protestantische Frau aus reichem Elternhaus schließlich zum Judentum konvertieren lässt. Vor der unbarmherzig reflektierenden Fassade des Eigenheims kommt die Serie wieder auf die problembehaftete Ehe ihrer Protagonisten zurück, die mittels eines negativen Deus ex Machina aufgelöst wird, der noch lange nachhallt.

Die Serie ist bei Paramount+ zu sehen.

Hans-Jürgen Papier

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